Online-Partnersuche: Warum 91 Prozent keine 91 Prozent sind
Umfragen haben immer den gleichen Haken: Sie wirken sensationell, aber was dahier stand, wird uns nicht mitgeteilt – und deswegen sind die Zahlen eigentlich Luftnummern.
Jetzt lesen wir mit Staunen (Pressmeldungen)
Neun von zehn Deutschen (91 Prozent) sehen Vorteile in der Partnersuche über das Internet. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Focus“
Na schön, so weit die 90 Prozent – sie „sehen also Vorteile“. Fragt sich doch: Woher wissen sie denn, welche Vorteile sich daraus ergeben? Kann ich jemanden ernsthaft über die Vorteile von etwas befragen, wenn ich diese Vorteile selber niemals nutze, ja nicht einmal weiß, ob es sie tatsächlich gibt?
Aus dieser Sicht kann man wahrhaftig nur den Kopf schütteln über derartige Pressemeldungen.
In Wahrheit ist die Sache nicht einmal halb so rosig: Zwar lernen immer mehr Menschen ihren Partner online kennen, aber die Kritik am Online-Dating, ob berechtigt oder unberechtigt, wird immer größer. Zugleich fallen in Teilen der Branche die Umsätze drastisch,ab und wo das nicht der Fall ist, sinken oftmals die Gewinne.
Um es deutlich zu sagen: ja, es gibt Vorteile beim Online-Dating – aber diese Vorteile können nur diejenigen beurteilen, die es tatsächlich ernsthaft versucht haben. Das „größere Angebot“ (1) im Internet ist ein fragwürdiger Vorteil, denn jeder kluge Gymnasiast kann Ihnen errechnen, wie viele Singles es in Ihrer Gegend wirklich gibt, die online suchen und tatsächlich verfügbar sind. Der Vorteil des größeren Angebots ergibt sich daher nur bei einer deutschlandweiten oder europaweiten Suche von Menschen, die eine ganz bestimmte Art von Partner(in) suchen, die garantiert nicht in der nächsten Eckkneipe oder Kleinstadt-Eisdiele sitzt. Für alle anderen ist das angeblich „große Angebot“ entweder ein frommer Wunsch (2) oder eine enorme Herausforderung (3), aber niemals ein Vorteil.
(1) Bei 82 Millionen Einwohnern und einer Region, die 82.000 Einwohner hat, käme vereinfacht rechnerisch ein Mitglied von 1000 Mitgliedern infrage. Die Anzahl muss noch halbiert werden (Frauen/Männer) und durch den Wunsch-Faktor geteilt werden, den wir mit zwischen 100 und mehr als 500 annehmen. Diese Rechnung deutet nicht darauf hin, dass Sie ein „großes Angebot“ erwarten dürfen.
(2) Bei Dörflern und Kleinstädtern.
(3) Bei Menschen, die in Groß- oder gar Millionenstädten leben und dort bleiben wollen.
(4) Der Focus-Artikel ist wenig erhellend. Hingewiesen wird dort außer auf Suredate (Dating-Assistant) vor allem auf Elite-Partner.