Lockvögel im Online-Dating – nicht immer „schräge Vögel“
Die BBC hat in einer Rundfunksendung über die kleinen Tricksereien der Online-Dating-Branche berichtet. Dabei blieb ein wenig offen, was typisch für einzelne Unternehmen ist und was der gesamten Branche angelastet werden kann. Daraus ergibt sich allerdings kein einheitliches Bild, denn überall im Online-Dating treffen Illusionen auf Fakten, und Illusionen wiegen emotional nun einmal stärker als Fakten. Im ersten Teil spreche ich ein Prinzip an, dass von den ersten „Ehemaklern“ bis ins Online-Dating durchgereicht wurde: Die Werbung mit Lockvögeln und Verlockungen. ich hatte versprochen, das Prinzip zu erläutern
Dieses Prinzip will ich Ihnen in Kurzfassung erläutern, bevor ich zum Kern meiner Aussagen komme.
Lockvögel sind in fragwürdigen Online-Dating-Unternehmen:
1. Personen, die es nicht gibt, sondern die frei erfunden wurden und dann mit sogenannten „Wäschefotos“ ausgestattet wurden.
2. Personen (meist Frauen), die es gibt, die aber als freie oder ständige Mitarbeiterinnen als Animateurinnen eingesetzt werden.
3. Personen (auch hier: bevorzugt Frauen), die sich lediglich interessiert haben, aber ziemlich sicher keine Mitglieder werden wollen.
4. Bei einigen Unternehmen: Frauen, die mithilfe eines „kleinen Umwegs“ von ziemlich seriösen auf ziemlich unseriöse Seiten umgelenkt wurden, die zum gleichen Anbieter gehören.
5. Bei manchen typischen Sex-Dating-Unternehmen auch „Senderinnen“ und Huren.
Was ich Ihnen hier berichte, kann man bei außerordentlich vielen Unternehmen erleben. Obgleich diese Praxis in Deutschland bei den „großen der Branche“ nachgelassen hat, ist sie bei anderen Unternehmen noch in voller Blüte. Insbesondere halbseidene Sex-Dating-Unternehmen sind betroffen, aber leider nicht nur sie. Übrigens bekommt man bei einigen Firmen nicht nur Dating-Angebote, sondern auch Reise-Angebote und Sonderangebote von Einzelhandelsketten.
Ist die interne Logik des Mailing-Systems der Meinung, dass es sich lohnt, den Kunde weiterhin zu „betrommeln“, zum Beispiel, weil er oft auf die Webseite geht, dann wird diese Art von Trommelfeuer oft noch verstärkt.
Doch es gibt noch einen Trick, der oft anwendet wird: Ist der Kunde nicht zufrieden, und macht er keine Anstalten, endlich Kohle abzurücken, dann gibt es ein mehr oder weniger raffiniertes Verweis-System zu direkten Schwesterunternehmen. Manchmal wird auch zu fremden, aber „befreundeten“ Unternehmen weitergeleitet, bei denen durch diese Art von Werbung Provisionen kassiert werden können.
Das alles – und hier kommt nun der Knackpunkt –wird zumeist mit Methoden durchgeführt, die als solche nicht illegal sind – und deren Betrugspotenzial kaum nachweisbar ist.
Wie ein Kollege richtig bemerkte, ist es eigentlich „ganz normal“, dass schöne und neugierige weibliche Interessenten für die Werbung genutzt werden, obgleich sie keine zahlenden Mitglieder sind. Es ist also in der einen oder anderen Weise „normal“, dass für sich für die meisten Männer, insbesondere aber für notgeile junge Kerle, keine Frau interessiert. Auch die Aussage „sie hat Interesse an dir“ kann ganz legal „getürkt“ werden: Sie hat dich angeklickt oder bei einer Ja–Nein-Vielleicht-Frage auf „Vielleicht“ gekickt – das reicht, um „Interesse zu zeigen“.
Kommen wir zurück auf Illusionen: In der Regel wird Online-Dating als ein Gemisch aus Illusion und Realität verkauft. (Kosmetika übrigens auch, Online-Dating ist also keine Ausnahme). Die Frage ist nur – wie viel Illusion und wie viel Realität. Dem kühl kalkulierenden Pragmatiker dürfte klar sein, worauf er sich einlässt – aber der hoffnungsfrohe, sehnsüchtige oder gar notgeile junge Mann weiß es nicht, und viele romantische Damen wissen es auch nicht.
Die Realität holt sie alle früher oder später ein – aber ist das ein Trost? Ich meine: nein, auf keinen Fall.