Real Name – der ultimative Angriff auf die Persönlichkeit?
Es geht wieder einmal um FACEBOOK – und um ein Urteil, das aufhorchen lässt. Aber in Wahrheit geht es um ein Menschenrecht: den Schutz der Persönlichkeit.
Der Hintergrund: Facebook verlangt von seinen Benutzern seit einiger Zeit sogenannte „Real Names“ – also den bürgerlichen Namen. Das ist selbstverständlich höchst bedenklich, und es nützt niemandem – außer der werbenden Wirtschaft. Ob der „reale Name“ auch Schlümpfe aller Art anzieht, die den Nameninhaber dann mit Wortschwallen unterster Schublade beballern, bliebt abzuwarten. Zum Vergleich: Schriftsteller und Journalisten schreiben häufig unter einem Kürzel, Pseudonym oder „Nom de Plum“ – also nicht unter eigenem Namen. Es dient also nicht der Authentizität, sondern ist ein Mittel, die Persönlichkeit auszuforschen.
Das Urteil lässt sich in der „Welt“ nachlesen. Es ergeht gegen das „schleswig-holsteinische Datenschutzzentrum“, das sich, wie die WELT schreibt „zu Unrecht auf das deutsche Datenschutzrecht gestützt“.
Hintergrund der Entscheidung sei die Tatsache, dass FACEBOOK in Europa von Irland aus agiere.
Der gläserne Mensch – schon Realität, und demnächst vielleicht eine Gefahr
Ungeachtet der Auseinandersetzung vor Gericht und von Deutschen bislang noch fast unbemerkt, wird mit derartigen Methoden der „gläserne Mensch“ geschaffen. Das ist nicht weiter schlimm, solange Sie Meyer oder Müller heißen und als Beruf „Rentner“ angeben, wer aber einen seltenen Namen führt, wer voll im Beruf steht und sämtliche Ausbildungsstätten und Arbeitgeber angibt, bei dem sieht die Sache schon anders aus. Es ist auch in Ordnung, wenn Sie einen freien Beruf ausüben und unter Ihrem richtigen Namen Kunden gewinnen wollen.
Es ist aber katastrophal, wenn sie intime Daten veröffentlichen – und dazu gehören auch Alter und Anzahl Ihrer Kinder – es muss also nicht einmal etwas „Anrüchiges“ sein.
Eine Gefahr sehe ich vor allem bei Dating-Applikationen, die auf dem genannten „sozialen“ Netzwerk oder anderen „sozialen“ Netzwerken basieren.
Die Partnersuche lockt Geschäftemacher an
Erfahrungsgemäß lockt die Verbindung „ich suche einen Partner“ mit dem bürgerlichen Namen alle möglichen und unmöglichen Geschäftemacher an. Wer sich an die sogenannten „Chiffreanzeigen“ erinnert, der weiß, wie schwer es den „Expeditionen“ der Zeitungen fiel, die Werbung auszumerzen. Im Internet leben einzelne „kostenlose“ Singlebörsen bereits davon, andere Singlebörsen zu empfehlen – oft nicht die seriösesten. Der Dünger liegt also bereits auf dem Feld – es ist ja nicht verboten, auf vermeintliche Konkurrenten zu verweisen.
Doch in beiden Fällen erfolgte die Werbung ja immer noch weitgehend anonym – es ist gar nicht auszudenken, was passieren würde, wenn der Name in Verbindung mit der Partnersuche gebracht würde. Die Liebepur und ich als Person empfehlen deshalb seit Jahren, nicht einmal „Nicks“ zu verwenden, die auf die eigene Identität hindeuten könnten. Es verletzt unsere Intimsphäre, es sei denn, wir wollten öffentlich suchen. Wer das Experiment einmal gemacht hat, der weiß, dass man starke Nerven braucht, um die Resonanz zu ertragen.
Fragt sich natürlich, wie weit die „Real Name“ Kampagne gehen wird, und ob sie nicht vielleicht doch den einen oder anderen Menschen abschreckt. Denn im Grund genommen würde man keine Gesetze benötigen, um dem „Real Name“-Unfug ein Ende zu setzen. Es würde völlig reichen, nur den Namen zu veröffentlichen, und als Lieblingsbuch die Bibel.