Ist der Seitensprung einer Frau edler als der eines Mannes?
Tacheles – hier redet unser Autor hart und konsequent. Dies ist das letzte Tacheles für etwa sechs Wochen. Dennoch dürfen Sie heftig widersprechen.
Frauen machen es uns Männern vor: Seitensprünge sind kein Problem, sondern ihr gutes Recht. Eine dieser Rechtfertigungen findet sich immer – schließlich sind sie auch nicht mehr der feurige Liebhaber, der sie einst waren, nicht wahr? Also sagt sich ihre Partnerin: „Er hätte ja mehr tun können, um mich zu küssen, zu kosen und zu beschlafen – hat er aber nicht. Deshalb ist es gut und richtig, wenn ich mal wohin gegangen bin, wo ich mich richtig als Frau fühlen konnte.“ (Es hätte drastischere Ausdrücke für diesen Wunsch gegeben).
Männer sind schlampiger bei Seitensprüngen
Sie selbst messen sich (als Mann) vermutlich mit anderen Ellen: Die Affäre war wirklich einmal etwas Gutes statt die blöden Ansprüche der Ehefrau zu erfüllen, die Kollegin hat zum ONS verlockt, die Hure wurde bezahlt. Eigentlich war da gar nichts außer schönem Sex. Nur: Wenn es herauskommt, zählen Ihre Argumente nicht. Selbst Frauen, die selbst Meisterschaften im Seitensprung erreichen, verzeihen Männer nicht mal einen einzigen, wenn sie ihn erwischen. Und Männer lassen ich leider oft erwischen: Wegen Schlampigkeit bei der Vertuschung einerseits – blöd gelaufen. Aber leider noch mehr mit unaufgeforderten Geständnissen. Männer haben eben immer wieder ein schlechtes Gewissen, und sie gestehen dann aus lauter Dummheit, welche Affären sie hatten.
Eine mögliche Lösung wäre, dass Frauen endlich aufhören, sich als die besseren Menschen darzustellen, die niemals in Taten oder Gedanken unter fremden Kerlen Lustschrei ausstoßen – die Statistiken sagen zumindest etwas anderes aus.
Keine Verherrlichung von Seitensprüngen- aber stillschweigen lohnt sich
Ich persönlich hasse die Verherrlichung von Seitensprüngen – aber sie kommen eben vor – und wenn sie vorkommen, ist dies verdammt noch einmal kein Grund, eine Beziehung zu beenden. Eine Beziehung, in die man sein Herzblut hineingesteckt hat? Die soll man nur wegen eines Seitensprungs aufgeben? Ja, wo sind wir denn? Immer noch im 19. Jahrhundert bei „Effie Briest“? Ich habe das Bürgertum zuerst wegen der verlogenen Fassaden gehasst, dann belächelt. Im Moment, so scheint mir, wir der ganze Mief dieser Zeit wieder hochgezogen – und zwar von Frauen, die nach außen hin die engelhafte Ehefrau alter Schule spielen, und nach innen ihre Lust ausleben, wie es ihnen passt.
Wenn es passiert ist – den Genuss verinnerlichen, Gewissen abstellen?
Was ist schon ein Seitensprung? Ich denke, wir Männer sollten es inzwischen halten, wie es uns die Frauen vorleben. Also schweigen und denken: „Ich habe es verdient, es ist gut und richtig, einen Seitensprung zu verschweigen und alle Spuren zu löschen. Schließlich wollte ich mich nur mal wieder richtig als Mann fühlen.“ Nur forcieren sollten wir Männer ihn deshalb nicht.
Bild: zeitgenössiche Darstellung, vermutlich 19.Jahrhundert.