Professor glaubt: Datingseiten sollten Sozialkrücken sein
Die Überschrift verspricht große Erkenntnisse: „Hilft Online Dating jenen, die es am meisten benötigen?“ Doch was der Professor Mikolaj Piskorski dann herausfand, ist ein bisschen dünn für fünf Jahre Forschung, wobei sich tendenziell die Frage ergibt: Hat der Professor überhaupt richtig gefragt?
Online-Dating ist niemals als Sozialausgleich erfunden worden und diese neue Kennenlernmethode diente von Anfang an nicht dazu, den Verlierern des sozialen Miteinanders Zugang zu Partnern zu verschaffen. Wer so etwas vermutet, bedient Klischees. Selbstverständlich ist es eine soziale Aufgabe, auch jene noch in Partnerschaften zu vermitteln, die ansonsten vereinsamen würden – aber sie entspricht nicht den Partnermarktgegebenheiten. Die gilt für Internet-Zeiten wie für die Menschen des 19. Jahrhunderts.
Was fragte sich der Professor?
1. Sind virtuelle soziale Plattformen wirklich nötig?
2. Helfen Sie jenen, die die meisten Probleme mit der Partnersuche haben?
3. Oder: Begünstigen sie jene, die auch im realen Leben keine Probleme hätten?
4. Führt das Web zu einem sozialen Ausgleich bei der Partnersuche?
5. Oder: Führt das Internet dazu, dass die Bedingungen für die Verlierer nur noch härter werden?
Am Ende kommt der Professor, der mit der US-amerikanischen Singlebörse OK Cupid zusammenarbeitete, zu einem eher seltsamen Ergebnis – der Professor behauptet nämlich:
Wenn Sie fragen, ob diese Seiten den Menschen helfen können, die sie am meisten benötigen, um mit anderen zu kommunizieren, dann ist die Antwort: Es kommt tatsächlich auf die Webseite an und die Funktionalität, die sie bietet.
Auf diese kuriose Aussage folgt dann noch ein flammender Appell an die Verantwortlichen, sich um die „sozialen Bedürfnisse“ jener zu kümmern, die ansonsten keinen passenden Partner finden würde.
Datingseiten als Sozialkrücken? Ich finde es gut und richtig, den Menschen zu helfen, die das Potenzial haben, sich selber zu helfen, damit sie auf dem Markt der Partnersuche eine sichere Orientierung finden und sich dort wie ein „Fisch im Wasser“ bewegen können.
Durch die Ansichten und Absichten des Professors würde man nichts als einen Abschreckungseffekt erzeugen und ein immer noch nicht ganz ausgeräumtes Vorurteil stärken: „Hier hausen die sozialen Verlierer“. Es muss einmal klar gesagt werden: Nein, Online Dating ist nicht die Caritas, und so sehr man sich wünschen möchte, dass jeder, der guten Willens ist, „unter die Haube“ kommt, so sher muss man auch auf dem Boden der Realitäten bleiben. Ein alter Satz aus der Informatik lautet: Datentechnik erzeugt Transparenz im Positiven wie im Negativen. Das bedeutet bezogen auf jede Online-Aktivität: Probleme werden durch das Internet nicht behoben, sondern lediglich transparenter gemacht. Mit anderen Worten: Wer potenziell gut im Lösen von Problemen ist, wird durch das Internet immer besser, wer hingegen zuvor schon weitgehend unfähig dazu war, dem wird diese Unfähigkeit deutlicher.