Schön sein oder Frau sein –was zählt für Frauen mehr?
Während der Pubertät wandelt sich das Bild des Jünglings von der Frau: Er sieht zunächst die Schönen, und er läuft jenen hinterher, denen schon ganz Schwärme von Männern folgen. Na schön, vielleicht gehört er zu den glücklichen, die am Ende der Jagd erwählt werden. Oder sollte er darüber vielleicht gar nicht so glücklich sein?
Wenn der junge Mann etwas älter wird und sich ein wenig umsieht, wird er finden, dass es einige Frauen gibt, die so gar nicht „schön“ sind, aber die dennoch faszinieren. Was diese Fasziation ausmacht, ist schwer zu beschreiben – und hier gibt es ein Problem für alle, die schreiben. Zwischenmenschliche Prozesse dieser Art sind nämlich so gut wie unbeschreibbar, dann auf sie trifft eine paradoxe Regel zu, die selbst Goethe schon kannte. Je mehr wir nämlich Gefühle beschreiben, umso mehr beschreiben wir nur noch einen winzigen Teil von ihnen. Wir nehmen also einen Teil der Gefühle weg, bauschen ihn auf und glauben so, sie beschrieben zu haben, während wie in Wahrheit nur eine Facette der Gefühle „erwischt“ haben.
Faszination ist also kaum erklärbar. Die einfachste Formel lautet: „In mir steckt mehr, als du siehst, und du bekommst es nur, wenn du dich auf mich einlässt.“ Nun wissen wir aus der Literatur, wenn nicht gar aus eigener Erfahrung, dass einige dieser Frauen „Femmes fatales“ sind – aber so sind nicht alle. Mache von ihnen wollen nur, dass sie „als Frauen“ anerkannt werden, also nicht wegen ihrer Schönheit, aber auch nicht wegen ihres Geistes. Diese Sichtweise ist fast in Vergessenheit geraten, weil sich viele Frauen nicht mehr bewusst sind, dass sie neben vielen anderen Identitäten eben auch eine recht einfache Identität haben: Frau zu sein.
Diskussion über Schönheit bei: MDR Figaro.