Dating nach der Scheidung oder Trennung
Man kann niemandem so schlecht raten wie einem Menschen, der gerade verlassen wurde – denn „die Scheidung“ ist ja gar nicht das Thema. Nur einfältige Menschen (inklusive vieler Psychologen) reden vom „Daten nach der Scheidung“ – und in Wahrheit geht es einfach darum, wie das Leben mit dem andren Geschlecht in Lust und Liebe neu gestaltet werden kann.
Zudem trifft das Problem mit dem „Daten nach der Scheidung“ so gut wie immer nur auf den Partner zu, der verlassen wurde. Der andere Partner ist zumeist happy mit seiner/seinem “Neunen“ und flittert mit ihm/ihr auf Teufel komm heraus.
Psychologen sind häufig von der Etepetete-Fraktion, die so in etwa sagen: „Mann (Frau), tu dir auf keinen Fall weh!“ oder „Begehe doch jetzt in deinem Zustand keine Fehler.“
Steht es nicht jedem frei, Fehler zu machen?
Natürlich kann passieren, was dieser Berater an die Wand malt:
Sie sind schwach, sie fühlen sich psychisch gebrochen und depressiv, und sie versuchen, einen Ersatz zu finden, was nur dazu führt, ihren Ex noch mehr zu vermissen.
Sicher – das kann passieren. Es ist auch möglich, dass eine Kollegin/ein Kollege ihren Schmerz bemerkt und sie ganz schnell „wieder wegschnappt“, bevor Sie merken, was mit Ihnen wirklich geschieht. Aber es ist absoluter Unsinn, deswegen mit niemandem zu flirten, keine Verabredungen einzugehen und nicht mit jemandem zu schlafen.
Die „guten Ratschläge“ fallen vom Himmel, sobald jemand geschieden wurde. „Tu dies, tu das nicht, warte ein Jahr, suche neue Freunde, vertraue dich alten Freunden an, mach eine Reise, nimm eine Auszeit …“
Wie schön, dass man für andere immer diese tollen Ratschläge hat, nicht wahr? Tatsächlich geht das leben weiter, alte Freunde fallen (wegen der Scheidung) weg, neue Freunde sind nicht leicht zu finden, und „gute Freunde“ haben keinen Schimmer, wie es uns wirklich geht. Je länger unsere Beziehungs-Auszeiten dauern, umso mehr verlieren wir die Beziehungserfahrung: Wir kommen zwar möglicherweise zu einem „neuen Selbst“, das aber wieder nackt dasteht, wenn es um das „WIR“ geht – das sollten wir ja nach Möglichkeit einer Totalentfernung unterziehen.
Jetzt haben Sie ein neues SELBST – na und?
Ein Neues ICH? Ein neues SELBST? Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Wer dergleichen entwicklen will, kann es bei pragmatischer Betrachtung nur mit anderen Menschen tun – und andere Menschen beinhalten die „Gefahr“ neuer Beziehungen. Mithin ist zu bezweifeln, dass geschieden Menschen ihr Prioritäten auf die Modifikation ihres SELBST ausrichten – da wären zunächst andere Dinge zu tun, beispielsweise, den Job nicht zu verlieren.
Sinnreich ist eine neue SELBST-Findung, wenn es sich um langjährige Ehen oder Beziehungen handelte. Der Grund ist eher pragmatisch als psychologisch zu sehen: Die Zeiten haben sich geändert, der Status ebenso, und man ist älter geworden. Das in der Beziehung erworbene Wissen und Können um Zweisamkeit ist möglicherweise nichts mehr Wert.
Sie erkennen die paradoxe Situation? Man kann diese Fähigkeiten alleine auch gar nicht wieder aufbauen, also braucht man Beziehungen, aber man soll ja keine Beziehungen haben, also kann man nur an „sich selbst“ arbeiten. Auf Dauer ist dieses Konzept wirklich öde – es führt zu gar nichts.
Lockere Begegnungen nach Scheidung und Trennung
Was bleibt? Versuchen Sie, Beziehungen in den ersten Monaten nach Scheidung oder Trennung locker zu nehmen – es finden sich immer Partner(innen) für Tage, Wochen oder Monate. Sie schaden damit weder sich noch den anderen, denn diejenigen, die Sie jetzt treffen (unter ehrlicher Mitteilung Ihrer Situation) wollen auch keine Dauerbeziehungen.
Ich meine, es kann niemals falsch sein, so schnell wie möglich wieder mit den Realitäten des Lebens umzugehen. Wenn Sie es nicht versuchen, könnte der umgekehrte Fall eintreten: Eine Piratin oder ein Pirat kapert ihr Lebensschiff, bevor sie einen Kurs festlegen konnten.