Die Woche in Dating (2/11) – kommen Partnersuchende zur Vernunft?
Die Woche in Dating? Die Gemüter bewegte vor allem die Übernahme von 12like durch PASRSHIP. Obgleich ich es auch sehr interessant finde, über so etwas zu spekulieren – im Grunde war dies keine „große Meldung“. Das Unternehmen 12like hatte kaum eine Bedeutung am Markt, und dies dürfte der Hauptgrund sein, warum sich alle Welt die Augen reibt – ich habe mich meinerseits bemüht, ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen.
Immer noch wird die „romantische Liebe“ sehr strapaziert – doch sie ist in erster Linie Stoff für Liebeschnulzen im Kino, Fernsehen, Schlager und Groschenromane. Die wirkliche Romantik in der Liebe ist kurz – und diese Zeit sollte man in jeder Hinsicht genießen – aber eben nicht idealisieren.
Es scheint, als käme bei Partnersuchenden nach und nach etwas mehr Vernunft auf – auch dank der Neuausrichtung der Berichterstattung. Sehr lobenswert war der Artikel von Judith Alwin auf Herzklopfen neu.de, den ich hier bespreche. Frauen und älter werden – das ist und bleibt ein Thema, und wenn ich selber meine Erfahrung in die Waagschale werfen darf: Frauen über 40 sollten flexibler in der Partnerwahl werden. Aber das Problem dabei scheint zu sein: Für Partnersuchende, insbesondere aber für partnersuchende Frauen, gelten Tatsachen so gut wie gar nicht. Doch wie soll jemand wirklich einen Partner finden, wenn Wunschvorstellungen das Gehirn regieren? Übrigens: Frauen über 40 haben es heute leichter als vor 30 Jahren – ihr Anteil an den ernsthaften Partnersuchenden hat sich allerdings kaum verändert seither.
Auch ein Wechsel in den Ansichten, und zwar relativ radikal: C. G. Jung können wir für die Partnersuche vergessen, die Big Five ebenso und selbstverständlich auch Myers-Briggs. Wer damit noch wirbt, hat selber Schuld. Inzwischen hat die Branche Mühe, uns zu erklären, warum man eigentlich auf „psychologische Partnertests“ so viel Wert legt und verwendet vorsichtshalber bereits den Begriff „wissenschaftlich fundierte Partnertests“. Das Interessante: Mindestens bei Befragungen erweist sich das Volk als klüger – immer mehr Menschen sagen aus Erfahrung, dass die Problemlösungskompetenz, die Kompromissbereitschaft und die „Kommunikation in Wort und Kuscheln“ die besten Garanten für eine glückliche Beziehung wären. Wissen Sie, das, freut mich wirklich – nicht nur, weil die vorlauten Wissenschaftler dadurch blamiert werden (was mich zugegebenermaßen auch freut), sondern vor allem, weil noch vor wenigen Jahren kaum ein Mensch zugab, dass es für ihn Probleme gibt, denn Probleme galten als „uncool“. Auch freut mich, dass Deutsche endlich den Kompromiss als güldene Regel für das Zusammenleben erkannt haben. Es gibt also doch noch Hoffnung, die Arroganz zu überwinden, die viele Partnersuchende bislang an den Tag legten.
Ob Casual Dating da die richtige Idee wäre? Da sehe ich schon, wie sich die Zehennägel heben – das ist allerdings unberechtigt. Zwar mag die Branche mit recht merkwürdig anmutenden Sexbörsen durchsetzt sein, aber im Grund entwickelt sich Casual Dating zu einer „Frauenangelegenheit“: Naschen und verschwinden, ohne Erklärungen abgeben zu müssen.
Mal rein von der Sache her, ist die Entwicklung (entgegen anderem Meinungen) ist die Entwicklung dieser neuen Anbieter eher öde und einfallslos – so, wie ich dies auch bei den Partneragenturen immer wieder feststelle. Geld und Marktmacht werden massiv eingesetzt, aber an Ideen mangelt es. Alleinstellungsmerkmale sind, jedenfalls derzeit kaum noch zu erkennen, und auch das neue Produkt von Friendscout24, „Secret“ wirkt ein bisschen, wie „guckt, mal, jetzt sind wir auch noch dabei“.
Übrigens ist auch ein neues Magazin von uns dabei: Wir haben das beliebte Rennpferd „mehrhaut.de“ dahin gehend umgestaltet, dass „Casual Dating“ und das teils recht unschöne Umfeld endlich einen kritischen, aber fairen Platz in der Berichterstattung erhält. Die alten, etwas provokanten Beiträge über seltene Lüste haben wir herausgenommen: Casual Dating geht inzwischen viele Menschen an, vor allem viele Frauen.
Ein leidiges Thema sind immer noch die „Kaufbräute“ oder Mail-Order-Bräute. Die Firmen, die Auslandsfrauen per Katalog anbieten, geben sich alle als „edel, hilfreich und gut aus“ – aber was dahintersteckt, wird oft viel zu positiv dargestellt.
Was ist eigentlich mit dem Summ-Summ-Summherum-Thema FACEBOOOK? Dort hat man inzwischen 500 Millionen Mitglieder – und die bringen angeblich „richtig Geld“. Wie lange noch? Niemand weiß es. Der Boom ist da, aber ob er anhalten wird? Und ob er tatsächlich einen Einfluss auf die Dating-Branche haben wird? Erinnern wir uns mal an Tila Tequila und MySpace?
Ein bisschen Gesellschaftspolitik gefällig? Ich behaupte seit Jahren, dass unsere Jugend sich deshalb aus pornografischen Quellen über Sexualität informiert, weil sie ansonsten nur „geschönte“ Informationen bekommt, die erst durch etliche Instanzen der Gutmenschenschaft wandern müssen, bevor sie freigegeben werden. Da ist es für mich beruhigend, wenn diese Feststellung auch von einer etwa gleichaltrigen Publizistin geteilt wird (hier), die sich intensiv mit Jugend, Sexualität und „Date Rape“ (fremdlink) beschäftigt hat.
Angesicht der Wissenschaft kommen mir so nach und nach die Tränen. Leute, wir brauchen euch – aber nicht, damit ihr in der Presse unausgegorene Thesen verbreitet oder Zeug wiederkäut, das längst veraltet ist. Ja, und die Journalisten? Die greifen täglich begierig und unkritisch auf, was ihnen die Wissenschaftswelt an Futter in den Napf wirft.
Was sonst noch war? Mal wieder der „Gläserne Bürger als Dating-Partner“, ein ziemlich geschmackloser PR-Gag aus den USA., und (anderwärts) ein neues Possenstück der schwedischen Justiz, die gar erklärt hat, wie man eine Hure erkennt.
Auf der Humorseite brilliert diesmal die Hauspsychologin von ElitePartner, die schrieb, dass „Spuren im Schnee nicht verwischen“. Na klar, und das Wasser eines Flusses fließt von der Mündung zur Quelle.
Ja, und sonst? Das Jahr 2011 hat gerade erst angefangen, und ich wünsche mir weiterhin, dass Sie auf diese Seite verlinken, wenn Sie einen Artikel so interessant finden, dass sie selbst über das Thema schreiben. Ich liebe dezentes Lob und grandiose Verrisse – nur Abschreiben und Schweigen ertrage ich schlecht.