Dating-Prognose für 2020?
Gerade habe ich eine Dating-Prognose für 2020 gelesen – ein gewisser Fabrice Le Parc, der die etwas skurrile Datingseiten smartdate betreibt, will es jedenfalls wissen, und wie alle Hellseher der Branche hofft er, dass es seine Idee ist, die bis 2020 das Rennen macht: ein bisschen „Social Networking“, ein paar Mobilapplikationen und eine Verlockung mit schicken Kerlen und vollbusigen Bikinimädchen.
„Locker vom Hocker“ hätte ich dazu noch vor Jahren gesagt oder „Ex-und-hopp-Dating“, doch mittlerweile ist „Dating“ ein völlig verwaschener Begriff geworden, der eher für einen Jugendfreizeitspaß als für die ernsthafte Partnersuche steht.
Die Prognosen, die heute für 2020 gegeben werden, haben den Pferdefuß aller Prognosen: Sie gehen von der Entwicklung weniger Jahre aus (in diesem Fall von höchstens zwei Jahren) und projizieren sie auf die nächsten zehn Jahre. In diesem Fall ist die Entwicklung von zwei Faktoren abhängig:
1. Das größte soziale Netzwerk, Facebook, muss nicht nur stetig wachsen, sondern auch eine gewisse Verbindlichkeit bekommen, um tatsächlich sinnreich in Datingseiten eingebunden zu werden. Beides ist höchst zweifelhaft.
2. Jugendliche müssen nach wie vor online Partner suchen und dabei recht ziel- und wahllos vorgehen. Sobald Menschen beginnen, selektiv zu suchen, sind Telefon-Applikationen zweite Wahl.
Eine Prognose für die Branche ist das, was Herr Le Parc da von sich gab, im Übrigen keinesfalls, sondern eher eine Fortführung der eigenen Geschäftsidee ins nächste Jahrzehnt.
Wenn mich meine üblicherweise verlässliche Beurteilungskraft nicht täuscht, ist die Dating-Branche derzeit nicht sonderlich innovativ – und genau in diese Bresche springen Anbieter, die zwar innovativ sind, aber dafür keinen blassen Schimmer vom Betreiben von Datingseiten haben. Auf diese Weise steht „ey, geil, total neue Idee“ gegen „Massenhafte Flirt- und Kennenlern-Möglichkeiten in Singlebörsen“ und „konservative Online-Partnersuche“ bei den Online-Partneragenturen. Außer einigen kleinen Korrekturen in der Philosophie, die nach außen kaum auffallen, hat sich daran mindesten in den letzten fünf Jahre kaum etwas geändert.
Irgendwie ist die Online-Partnersuche sehr simpel: Der Deutsche auf der Pirsch will alles vom ONS bis zur Dauerbeziehung in der Nähe seines Wohnorts finden, und wer Partner sucht, sucht kein Freundesnetzwerk. Dating ist also neben einem Jugendfreizeitspaß auch etwas unendlich Konservatives – und darauf bauen mittlerweile so gut wie alle Partneragenturen. Es ist möglich, dass wir deshalb keine Innovationen erwarten können. Alle sogenannten „neuen“ Anbieter, von be2 über partner.de bis hin zu eDarling, variieren im Grunde nur ein zwar recht altbackenes, aber offenbar bewährtes Konzept: Wenn man mögliche Partner einander vorstellt, ist die Chance größer, dass sie sich treffen als wenn sie einfach in einer Datenbank herumschwimmen wie die Fische – und genau dieses Konzept wird auch 2020 noch haltbar sein.
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