Das Unwort: Wer Niveau nutzt, hat keines
Für einen Küstenbewohner gibt es nur ein Niveau: den Wasserstand. Für Frankophile allerdings gibt es auch ein unerlässliches Handwerkszeug gleichen Namens. Demnach wäre alles „auf Niveau“, was auf gleicher Höhe ist.
Nun ist es mit den Deutschen so: Sie glauben Niveau zu haben, wenn sie den Ausdruck selbst kennen und ihn halbwegs sicher anwenden können. Falls Sie jetzt sagen: „Ich habe Niveau“, dann haben Sie schon keines, denn Niveau kann man nicht „haben“ – man könnte ich bestenfalls auf einem gewissen Niveau befinden – das wäre dann beispielsweise „auf gleicher Augenhöhe“ oder würde einen gewissen Bildungsstand repräsentieren. Typisch ist dann auch der Begriff „Bildungsniveau“ – da ist der Wasserstand tatsächlich unterschiedlich. Wer hingegen jemandem „mit Niveau“ sucht, hat sich schon verplappert – irgendeinen Wasserstand hat jeder. Auch „niveauvoll“ schmeichelt demjenigen nicht gerade, der sich „mit Niveau“ schmücken will, denn wenn der Teich vollgelaufen ist, geht nichts mehr hinein, und auch der zweite Begriff ist falsch: wieso eigentlich „mit“? Läuft das Niveau da neben Ihnen her?
Bitte liebe Mitmenschen: Niveau ist gar nichts. Wenn Sie Bildung meinen, dann schreiben Sie es, wenn es ihr gesellschaftlicher Stand ist, den sie hervorheben wollen, dann sagen Sie bitte dies. Es gibt genügend deutsche Wörter, die Ihnen ermöglichen, sich selbst in Körper, Geist und Gefühl sinnreich zu beschreiben. Niveau gehört nicht dazu.
Ja, und bevor Sie nachsehen: Ich habe es auch schon einmal falsch verwendet – wie niveaulos von mir.
Bild © 2009 by naudin sylvain