Diese Woche in Dating (50) Kitsch und Wissenschaftsgedöns
Menschen, die über die Partnerwahl aka Dating schreiben, neigen dazu, ihrem Publikum Sand in die Augen zu streuen. Etwas, das sie ständig gebetsmühlenartig wiederholen, ist: „Du bist der Mittelpunkt dieser Erde, wähle aus dem reichen Füllhorn, dass die Fortuna zur Verfügung stellt“. Da braucht die Frau zum Beispiel nur zu wählen, dann hat sie ihren Traummann so gut wie in der Tasche. Mehr in einem Artikel von mir – und ich kann nur dies dazu sagen: Von Fangfragen wie „Optik oder Charakter“ habe ich die Nase gestrichen voll.
Ich sage Ihnen mal ehrlich: Nichts verkauft sich schwerer als die Wahrheit – ich kann ein Lied davon singen. Doch immerhin wagt es die Liebepur dennoch, hier zu behaupten, dass es nur zwei erfolgreiche Wege zur Partnerschaft gibt – in meinem Artikel über die Partnerwahl können sie mehr lesen. In einem zweiten Artikel beleuchte ich fünf Chancen, wenn es denn welche sind, Sache noch einmal aus anderer Sicht.
Wer die Nase voll hat vom Romantikkitsch, der ja gerade jetzt wieder Konjunktur hat, dem kann ich nur den Tacheles-Artikel vom Montag empfehlen: Wir bauchen keine Autorinnen und Autoren, die uns ständige diesen Liebeskitsch von „Traumfrauen“ und Traummännern“ um die Ohren hauen – wir brauchen realistische, glaubwürdige Beschreibungen der Wege zum Ziel.
Ob uns die Wissenschaft hilft? In der letzten Zeit reißen immer mehr Leute ihre gelehrten Münder auf, nur dass sie vergessen, dabei die Gehirne zuzuschalten. Was haben wir uns nicht schon alles anhören müssen, worauf es ankäme oder nicht ankäme und ob wir vielleicht einmal an T-Shirts schnuppern müssten. Was uns angeblich die „Evolution“ lehrt über das Dating, ist bei der Liebepur ja schon mehrfach als Pipifax bezeichnet worden – was Ihnen im Übrigen jeder ernsthafte Forscher bestätigen wird. Doch nach wie vor werden „psychologische Testverfahren“ verherrlicht, als seien sie das Evangelium der Partnerwahl. So kommen dann Sätze zustande wie „was Menschen durch diesen objektiven Blick über sich erfahren und lernen können“ – gemeint ist ein Partnerübereinstimmungstest. Was immer wieder gerne verschwiegen wird: Diese Tests werden benötigt, um eine Software mit Dateninhalten zu versorgen, die dann über ein technisches Auswahlverfahren gewisse Eigenschaften der Partnersuchenden abzugleichen – und das ist schon fast alles. Welche Eigenschaften dies genau sind und wie die Grundlagen sind, verschweigen fast alle Unternehmen – angeblich aus Konkurrenzgründen. In Wahrheit würde manchem Partnersuchenden vermutlich die Brille aus dem Gesicht fallen, wenn er die Kriterien kennen würde.
Ja, wie sagte dann auch Joachim Rabe von der deutschen Meetic-Gruppe: „Wir glauben, dass die Liebe immer eine primär subjektive menschliche Entscheidung ist und das auch immer so bleiben wird – Software hin oder her“.
Falls Sie sich jemals über die tollen Ergebnisse sogenannter Volksbefragungen gewundert haben: „Sage mir, worauf du hinaus willst, und wir werden dann schon die passenden Fragen stellen, um das erwünschte Ergebnis zu erhalten“. Das ist sinngemäß zitiert, freilich –aber so ähnlich wird es leider oft gehandhabt. Meint jedenfalls Professor Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik – hier nachzulesen.
Ein kleiner Hinweis noch für Sie: Die Liebeszeitung beschäftigte sich dieser Tage mit der Partnersuche im Büro – und stellte fest, dass man sie trotz aller „Karriererisiken“ wagen sollte.
Die größten Aufreger in der Presse: Seitensprünge von Tiger Woods (der spielt ganz nett Golf) und der Plan, bei einem deutschen Privatsender eine Flachleger-Show zu präsentieren – eine Art Wette, wer die meisten Tussen (überraschenderweise auch Macker) flachlegen kann. Das Thema war mir für die Liebepur zu schade, für Mehrhaut aber nicht.
Was den Humor betraf, wenn er denn welcher war: Die Schweinegrippe wurde (mal wieder) PR-relevant für ein Dating-Unternehmen genutzt, und wir vernehmen mit Erstaunen, dass Christen bereits vor der Ehe Zungenküsse austauschen dürfen. Dies sollten wir nicht vergessen zu erwähnen: PS, die neueste Wortschöpfung im Bereich der weiblichen Luststeigerung.
In der nächsten Woche kommt dann der Endspurt auf Weihnachten – ich erwähne das Wort möglich selten, weil ich weiß, dass es viel Singles traurig macht. Übrigens: Fall Sie den Duden-Newsletter abonniert haben, wissen Sie jetzt, ob es „die Weihnachten“ oder „das Weihnachten“ heißt.