Geschichte der Partnersuche:Aufstieg und Fall der Heiratsinstitute
Vor 50 Jahren: Der Boom der Heiratsinstitute beginnt
Vor etwa 50 Jahren war die Situation ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg: Das Geld war abermals verloren, in den Städten waren die meisten Aussteuerschränke abgebrannt. Abermals „blieben Männer im Krieg“, während andere sich scheiden ließen, weil sie im Ausland Liebeserfahrungen gemacht hatten, die ihnen ihre Ehefrauen verweigerten. Aus vielerlei Gründen waren alte soziale Zusammenhänge zerrissen. Die Kriegs- und Nachkriegsgeneration heiratete früh: Möglichst kurz nach der Volljährigkeit (damals 21) wollte man weg von den Eltern und ein Leben unter neuen Vorzeichen beginnen: Meist ein Leben, das man heute als eines „in bitterer Not“ bezeichnen würde, denn das Wirtschaftswunder gab es längst nicht für alle. Doch etwas änderte sich nun radikal: Frauen begannen, wirkliche Brotberufe zu lernen und auch zu studieren. Das war zuvor nur vereinzelt der Fall gewesen. Damit war die „Mitgiftfrage“ endgültig vom Tisch. Der Heiratsmarkt für die Frauen über 25 und für Männer mit langer Ausbildung wurde eng, wenn man nicht bereits als Student heiratete – das tat man wohl, aber gern gesehen war es nicht. Wer „spät dran“ war oder eine zweite Ehe suchte, kam an Heiratsinstituten oder Zeitungsanzeigen kaum vorbei. Damals erlebten gerade Heiratsinstitute einen absoluten Boom, der erst abebbte, als es durch das Aufkommen von Anzeigenblättern massenhaft Bekanntschaftsanzeigen gab (gegen 1960). Wieder waren es Zeitungsanzeigen und Ehevermittler, die für die „Spätberufenen“, Witwen und Geschiedenen infrage kamen – die Bedeutung von Empfehlungen wurden immer geringer.
Vor 25 Jahren: Die Anzeigenmärkte verdrängen die Eheinstitute
Die Zeit vor etwa 25 Jahren war geprägt vom Aufbruch der Frauen. Zwar ging die Sache im akademischen Bereich bereits ab 1970 los, doch ist dies kein Maßstab – wichtig war vielmehr, wann die ersten wirklich emanzipieren Frauen an den Heiratsmarkt kamen – und dies war erst ab 1980 wirklich der Fall. Seit den 1968er Jahren waren die Menschen in einem Ausmaß selbstständiger geworden, das zuvor undenkbar schien. Frauen und Männer traten mehr und mehr „von Gleich zu Gleich“ bei der Partnersuche auf, was auch bedeutete, dass Frauen nun selbstbewusst männliche Partner auswählten. Auf allen gesellschaftlichen Ebenen wurde die Zeitungsanzeige als Mittel der Partnerwahl populär: Für die bürgerlichen Kreise war es die Tageszeitung, für die Intellektuellen die ZEIT oder die Süddeutsche, und für alle anderen kamen die kostenlosen Anzeigenzeitungen auf. Zu Frühlingszeiten erscheinen so in deutschen Großstädten zeitweilig mehr als 1000 Anzeigen. Neben diesen Märkten versuchte insbesondere die Frauenzeitschrift Brigitte mit der Brigitte-Partneraktion Frauen und Männer zusammenzubringen. Die zunehmende Selbstständigkeit und Kritikfähigkeit der Menschen leitete den Niedergang der Heiratsinstitute ein: 1983 ermittele die Staatsanwaltschaft bereits in 20 Fällen wegen Betrugs gegen Heiratsvermittler. Ein weiteres Phänomen jener Jahre war (und sind) die vielen Geschiedenen, die nun eine zweite oder gar dritte Ehe suchten. Der alte Begriff „geschieden zwecklos“, der noch die Heiratsanzeigen der 1960er Jahre prägte, verschwand nach und nach völlig. Damals erschien dann auch das erste Buch über die „Partnersuche per Inserat“ der Autoren Linda und Rüdiger Drenk. Die große Zeit der Anzeigenmärkte erlebte erst im neuen Jahrtausend seinen Niedergang: Ab etwa 2002 wurde das Internet zum beherrschenden Markt für die Partnersuche.
Lesen Sie bitte auch den ersten Teil des dreiteiligen Beitrags (plus Zukunftsperspektive): Mädchen, Mitgift und Männer Am Montag lesen Sie dann den vorläufigen Schluss: Das Dorf und die Welt – wie sich die Partnersuche entwickelt.
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