„Pro Familia“ und die eigenartige Pressemeldung über die Jugend
Nach einer Studie von Christine Altstötter-Gleich glauben angeblich Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren, dass 60 Prozent „der Menschen“ auf angebliche „Sado-Maso-Praktiken stehen“ – so liest es sich jedenfalls in der „Abendzeitung„.
So schwammig diese Aussage auch sein mag – sie wird sofort berichtigt von einem gewissen Sebastian Kemp, der als Mitarbeiter von „pro familia“ München genannt wird: es seinen bestenfalls 5 bis 10 Prozent (offenbar irgendwelcher „Menschen“), die wirklich solche Praktiken mögen. Quellen hat er offenbar keine, und was für ihn „Sadomaso-Praktiken“ sind, bleibt auch im Dunkel.
Schuld an dieser vermeintlichen „Fehlinformation“ ist – wir wissen es mittlerweile – immer das Internet und die „Flut an Pornobildern“, die dort zu finden sind – so reiht sich Klischee an Klischee.
Ich, für meinen Teil, vernehmen mit Staunen, warum man Jugendliche nach Prozentzahlen fragt, die sie in keinem Fall beurteilen können und woher die mageren 5 bis 10 Pozent stammen, die als „Fakten“ bezeichnet werden. Da wäre ich einmal gespannt, wer diese „Fakten“ ermittelt haben will und wie die Kriterien waren. Ferner wundere ich mich, dass man den Boulevardpresseausdruck „Sado-Maso“ verwendet und außerdem frage ich mich, wie dieser löchrige Käse eigentlich an die Presse gekommen ist. Dass es keinesfalls nur ein Einfall der „Abendzeitung“ war, beweist der Artikel in der „Süddeutschen“.
Vielleicht sollte die Pressestelle von “pro familia“ nicht mit so spektakulären Zahlen arbeiten und sich mit Behauptungen etwas zurückhalten: Wenn es Mode ist, keinen BH zu tragen, werfen ihn die jungen Mädchen weg, und ist es Mode, das Schamhaar zu entfernen, dann tun sie es eben. Die Frage, ob dies „gut“ oder „schlecht“ ist, kann man sich schenken – und es ist nun wahrhaftig nicht das Internet, das junge Menschen prägt, sondern es sind die gemeinsamen Bemühungen von Eltern und Erziehern.
„Pro familia“ hat also recht, wenn man mit einer guten Sexualinformation in die Schule geht – aber die Organisation hat Unrecht damit, das Internet zu verteufeln.
Vielleicht sollte man seitens „pro familia“ eher ein bisschen an einem etwas moderneren Webportal für Jugendliche arbeiten? „Sextra“ wird bei uns zwar empfohlen, aber nur noch mit „Augen zu und durch“, denn wer dort über die interne Suchmaschine nach den „wahren Informationen“ sucht, wird zumeist enttäuscht. Versuchen Sie es selbst, wenn sie mir nicht glauben.