Die Partnersuche heute verläuft nicht wie beim Steinzeitmenschen
Wenn Psychologen nachdenken, können sie durchaus zu überraschenden Einsichten kommen. Das bewies ein Professor für Persönlichkeitspsychologie, Jens Asendorpf, jetzt nachdrücklich. Er hatte, ebenso wie viele seiner Kollegen, Menschen beim Speed-Dating beobachtet.
Dazu muss gesagt werden, dass Speed-Dating eine einmalige Möglichkeit eröffnet, das Paarungsverhalten von Menschen zu erforschen, die tatsächlich einen Partner suchen. Die meisten Studien, die zuvor aufgelegt wurden, waren zumeist mit studentischen Versuchskaninchen besetzt – und diese Studien waren eigentlich nur eine wissenschaftliche Spielerei.
Auch Forschungen am Speed-Dating können in Spielerei ausarten – dann nämlich, wenn man die spontan erhaltenen Ergebnisse zu hoch bewertet. Obwohl Fachleute aus der Dating-Szenerie wie auch erfahrene Wissenschaftler vehement davor gewarnt hatten – aber bei den ersten Forschungen wurden all diese Hinweise mit der für Wissenschaftler typischen Arroganz in den Wind geschlagen. Ich darf dabei nur an die überaus vorschnellen Reaktionen erinnern, in denen die Partnerwahl beim Speed-Dating der heutigen Zeit mit der Partnerwahl der Steinzeitmenschen verglichen wurde – ein wissenschaftlicher Fauxpas, der eigentlich unverzeihlich ist.
Professor Asendorpf und sein Team tat etwas anderes. Zitat:
„Sie fragten nach sechs Wochen und dann noch einmal nach einem Jahr bei allen Teilnehmern nach, was sich aus den Kontakten ergeben hatte: Tatsächlich Emails ausgetauscht hatten 68 Prozent, telefoniert 40 Prozent, sich getroffen immerhin noch 39 Prozent.“
Wer jetzt feuchte Augen bekommt, für den habe ich auch noch die Ernüchterung: Ganze 5 Prozent nahmen Beziehungen auf, und ebenso viele landeten im Bett miteinander – das ist ein sehr kleiner Prozentsatz. Das Fazit des Professors (sinngemäß): Sicher würden die evolutionär vorgeprägten Mechanismen zunächst greifen – aber dann käme erst das weite Feld der Realität, das er „die kulturgeprägten Effekte“ nennt. Am Ende kommt der Professor – und das ist die eigentlich wichtige Schlussfolgerung – zu dem Ergebnis, dass die Kulturprägung entscheidender für die Partnerwahl ist als der Evolutionshintergrund.
Damit dürften die dümmlichen Theorien vieler seiner Kolleginnen und Kollegen, der heutige Mensch verhalte sich bei der Partnerwahl wie ein „Steinzeitmensch“ wohl endlich vom Tisch sein. Sie ist im Übrigen in Blogs vielfach nachgeplappert worden – was wieder ein Licht auf die Glaubwürdigkeit von Blogs wirft, die den zweiten oder dritten Presseaufguss von Wissenschaftsmeldungen verbreiten.