Sollten Sie erotische Literatur lesen?
„Um Himmels willen – nein“ … sie klingen mir noch in den Ohren, die antworten. Die meisten Frauen, die ich jemals im Rahmen meiner Recherchen oder auch privat kennenlernte, wichen vor der Frage entsetzt zurück, ob sie geschriebene, fotografierte oder gefilmte Pornografie besäßen. Das mag angesichts der miesen Qualitäten der Fotos oder der Videos noch zu verstehen sein … aber warum wichen sie vor der Literatur zurück?
Natürlich ist mir bewusst, wie sich diese Einstellung in den letzten beiden Jahrzehnten gewandelt hat. Aber mir ist ebenso bewusst, was sich nicht so sehr gewandelt hat: die Scheu, nach solchen Büchern zu fragen und die Scham, wenn die Tochter, Mutter oder Putzfrau sie irgendwo zufällig finden würde.
Betrachten wir die Sache nüchtern
Kenntnisse über weibliche Lüste (nur von ihnen soll hier die Rede sein) lernen Frauen in folgender Weise:
1. Zufällig, durch eigene Berührungen.
2. Durch sinnliche Kontakte mit anderen Frauen.
3. Durch erste sexuelle Kontakte mit Männern.
4. Durch die Schule, sehr eingeschränkt.
5. Durch vielfältige sinnliche Erlebnisse mit anderen Menschen.
6. Durch erotische Darstellungen (keine Pornografie).
7. Durch das Lesen erotischer Literatur.
8. Durch nicht-pornografische, aber lustbetonte Filme.
9. Durch das Ansehen pornografischer Filme.
Alles, was einseitig ist und kaum Ausblicke auf die Fülle der sinnlichen Möglichkeiten zulässt, finden wir in den Punkten eins bis vier. Lediglich die Punkte sechs bis neun erweitern das potenzielle Spektrum der erotischen Genüsse. Den Punkt fünf habe ich weggelassen – eigene Erfahrungen in Hülle und Fülle sind der beste Weg, um die eigene Sexualität restlos auszukosten, aber sie sind moralisch verpönt und kommen deshalb für die meisten Frauen nicht infrage.
Was bleibt also? Im Grunde ist das Mittel der Wahl „erotische Literatur“, weil sie zugleich beschreibt, was geschieht, wie es geschieht und welche Empfindungen dabei geweckt werden. Und dies mit der „inneren Wahlmöglichkeit“, sich das Geschehen auf verschiedene Art vorstellen zu können und die aufkommenden eigenen Gefühle und Lüste an die Stelle derer der Protagonisten zu stellen.
Sollten Sie also? Natürlich, was sonst? Wenn Sie ein Buch zu sehr befremdet, dann lesen Sie eben ein anderes. Manchmal werden Sie erkennen, dass sie ähnlich fühlen, mal werden Sie eine neue, sinnliche Fantasie kennenlernen, die sie in ihren einsamen Stunden erproben können. Und manchmal werden Sie jemanden dazu verführen, das Neue mit Ihnen zu erproben.
Also: Sagen Sie selber, was könnte schlimmstenfalls dabei passieren?