Behauptungen über Online-Dating: unhaltbar oder wahr?
Die BUNTE schreibt in Ihrer Online-Ausgabe vom 24. August 2018 (wörtliches Zitat):
Bereits jetzt beeinflussen Dating-Apps und Social Media durch gewisse Algorithmen die Wahl unseres zukünftigen Partners und damit auch unsere Beziehungen.
Die „gewissen Algorithmen“ (Algorithmen sind nichts als Regelwerke der Handlungsanweisungen, die in Computerprogrammen enthalten sind) werden dann schnell relativiert:
Durch die angegebenen Altersklassen, Interessen und Hobbys werden dir gezielt Partnervorschläge gemacht.
Da leuchtet eigentlich nur ein, dass man ähnliche Altersklassen am besten verkuppeln kann – der Rest ist Schall und Rauch. Es ist absurd, eine „höhere Trefferquote“ (als was denn eigentlich?) für Paare aus solchen Daten herauszulesen.
Wie sich einer auf den anderen beruft und die Kette doch nichts taugt
Die BUNTE beruft sich dabei auf ein paar Artikel in Zeitschriften sowie auf einen dort erwähnten Artikel eines Professors Dominic Pettman. Jener ist Kulturtheoretiker und befasst sich offenbar auch mit Prognosen für die Zukunft. Erschienen ist das Buch zum stolzen Preis von 150 USD in einem Sammelband, der von Anna Malinowska und Michael Gratzke herausgegeben wurde: „The Materiality of Love: Essays on Affection and Cultural Practice“. Ein anspruchsvoller Titel, von dem wir nicht wissen, ob er tatsächlich hält, was er verspricht. Mit Sicherheit aber beinhaltet er keine wissenschaftlich exakte Prognose, sondern eben eine Sammlung von Essays über die Liebe.
Harpers Bazaar -eine der Quellen
Das Buch wird zum Beispiel in einem Artikel in „Harpers Bazaar“ erwähnt, der von Dirk Peitz für die August-Ausgabe für das Modemagazin geschrieben wurde. Der Artikel reiht einige weitere Behauptungen aneinander, für die kaum Beweise erbracht werden können. Das Flickwerk, diesmal wieder in der BUNTEN, zeigt sich deutlich, wenn ein Artikel des Nachrichtenmagazins SPIEGEL bemüht wird. Dort geht es um einen Matching-Algorithmus. Die Wissenschaftlichkeit des dort beschriebenen Matching-Ansatzes von 2013 ist allerdings ebenso unbewiesen wie jeder beliebige andere Ansatz, der bisher angewendet wurde. In einschlägigen Publikationen wird deutlich: Der Ansatz ist reichlich dünn, und wirkliche Beweise dafür lieferten die Autoren auch nicht, außer dass der „Algorithmus auf einer ungenannten Datingseite zu guten Ergebnissen führte.“
Mit Recht schreibt die BUNTE allerdings im letzten Satz:
Jedoch zeigt auch diese Entwicklung, wie stark wir uns von Dating-Portalen und Algorithmen bei der Suche nach einer neuen Beziehung online beeinflussen lassen – ohne aktiv etwas dagegen tun zu können.
Diese Behauptung kann zwar durch Fakten untermauert werden, jedoch ist es nicht richtig, dass wir “nichts aktiv dagegen tun können“. Denn so wenig, wie wir wirklich die von Versandhändlern empfohlenen Produkte kaufen, treffen wir uns in der Praxis auch mit den Top-Matches von Partnervermittlern oder den etwas windigen Apps, die Ähnliches versprechen.
Der Partnermarkt, der immer so beschimpft wird, ist das Korrektiv. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn nur hier werden Fakten geschaffen. Wen wir am Ende mit Freude treffen, und in wen wir uns verlieben, kann keiner der Klugsch… voraussagen, die sich immer ganz vorne an die Rampe stellen, um ihren Unsinn zu verkünden.