Die Wahrheit: wann und wie Frauen nach Sex suchen
Eine PR-Agentur hat es geschafft: Und vielen Titeln und mit unterschiedlicher Ausrichtung erscheinen in deutschen Blogs und in Online-Gazetten Artikel über Frauen, die Sex suchen. Den Artikel liegt eine Legende zugrunde: Viele Frauen wollen sich nicht binden, weil die Romantik zu schnell vergeht und der Sex früher oder später langweilig wird. Und die Lösung heißt Casual Dating, weil es eben jenen Frauen die absolute Freiheit gibt. Und selbstverständlich gibt es angeblich auch den aufregenderen Sex mit Männern, die sich unendlich viel Mühe geben, die Frauen einmalig, aber dafür ausgiebig zu befriedigen. Das klingt verdächtig nach Grimms Märchen. Oder sollte es doch die Wahrheit sein?
Die post-emanzipatorische Paradoxie: Für Männer der Puff, für Frauen Sex-Dating?
Beginnen wir mal mit der heutigen Wahrheit: ja, es gibt diese Frauen. Und tatsächlich hat ihre Anzahl zugenommen. Der Grund liegt in einer post-emanzipatorischen Paradoxie: Männer besuchen bei starkem sexuellen Druck gerne Huren, weil ihnen die Suche nach einer „anständigen“ Frau, die’s mit ihnen tut, zu kompliziert ist. Oder weil sie kaum Chancen haben, jemals eine „richtige“ Liebe zu finden. Nur wenige suchen sich käufliche Frauen für den unendlichen Genuss, den eine Liebesnacht mit einer Expertin dem Mann bescheren kann. Zu teuer, oder zu viel Skrupel, oder auch den ehrenkäsigen Eindruck, „so etwas“ nicht nötig zu haben.
Nach dem Tanz mit dem ins Bett, der sich gut anfühlte – die alte Methode
Frauen gehen andere Wege. Früher waren es Tanzveranstaltungen. Da konnte frau in ruhe suchen, erproben, in welchen Männerarmen sie sich wohlfühlte und dann verstohlen die Einladung ins Bett auszusprechen. Frauen, die echt notgeil waren, suchten dazu sogar besondere Tanzlokale auf, die als „Abschlepplokale“ bekannt waren, inklusive verschiedener „Ball Paradox“-Veranstaltungen. Als Tanzveranstaltungen nach und nach durch Discos abgelöst wurden, ließ auch die Suche auf dem eher seriösen Tanzboden nach.
Heiratsanzeigen – nicht, um zu heiraten, sondern der Lust wegen
Die Konkurrenz, die sich schämte, gab Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen auf, und zwar richtete sich die Wahl für das Eine oder Andere nur danach, wie seriöse die Frauen wirken wollten. Ab den 1970ern setzet sich dies intensiv durch. Besonders eifrig waren ledige Beamtinnen und Akademikerinnen, die sich nicht leisten konnten, „vor Ort“ mit einem Lover erwischt zu werden. Man fuhr mindestens in die nächste Großstadt und bot dem Mann bei Gefallen noch während des Dates an, die Nacht mit ihm zu verbringen. Das war zwar mühsam, aber konkurrenzlos und sehr exklusiv.
Beginn der aggressiven Suche – die Geschäftsfrau sucht sich ihren Lover in der Hotelbar
Gegen die 1990er Jahre begannen manche Frauen, aggressiver zu suchen. Damals gab es bereits einige Frauen in Führungspositionen, die sich auf keinen Fall die Blöße geben wollten, mit einmaligen Lovern entdeckt zu werden. Unter den Möglichkeiten waren Messen, Veranstaltungen, Kongresse oder einfach Hotelbars als Kristallisationspunkt. Eine weibliche Führungskraft aus dem Finanzwesen erzählte mir, wie einfach es sei: Sie würde in jedem Hotel als Geschäftsfrau durchgehen, und dies gelte auch an der Bar. Dann müsse sie nur noch den passenden Mann finden (oder er sie) und der Weg ins Hotelbett sei geebnet. Eine andere Dame sagte mir später, sie ginge immer ins Hotelschwimmbad, dort sei es relativ leicht, Kontakte zu knüpfen, und niemand habe sie jemals gefragt, ob sie Hotelgast sei oder nicht.
Online-Dating – vom Treffen bis zum feuchten Dessert
Der Weg vom Kennenlernen bis zur Bettkante ist bei Online-Kontakten ungleich länger als bei Sofortkontakten. Dennoch nutzten bereits zu Anfang der Online-Dating-Dienste (etwa ab Ende der 1990er Jahre) einige Damen diese Dienste, um schnell und sicher die passenden Herren für ein nettes Dinner mit anschließendem feuchten Dessert im Hotel oder der eigenen Wohnung zu planen. Trotz der Sofort-Kontakt-Apps hat sich dies kaum geändert: Viele seriöse Frauen wollen nicht in Casual-Dating-Portale, weil sie die Illusion einer Begegnung ohne Sexplanung erhalten wollen. Mit andern Worten: Es soll sich so anfühlen, als sei es eine romantsche Begegnung mit spontanem Sex.
Casual Dating – Sex ja, aber was wird noch geboten?
Beim Casual-Dating, auch zutreffender Sex-Dating genannt, gibt es für Frauen nach wie vor eine Hürde: Sie wollen sich nicht von vornherein als sexuelles Objekt offerieren. Man stelle sich dazu bitte eine Party vor: Wenn alle Männer wissen, dass die Frau im roten Kleid unbedingt nach Geschlechtsverkehr dürstet, wird sie genau so angesehen: als Frau, die sowieso zu haben ist. Genau diese Grundkonstellation ist aber vielen Frauen befremdlich. Ein wahrhaftig nicht prüde junge Frau sagte mir vor einiger Zeit dazu, sie würde sich gerne mit Sex für einen schönen Abend bedanken, aber niemals zu Beginn eines Dates Sex anbieten, sie sie schließlich keine Hure. Offenbar geht es vielen Frauen so: Sie wollen ein wenig hofiert werden, eine hübsche kleine Affäre haben, ein klein wenig verwöhnt werden – und erst dann die Fenster öffnen, die in die Wollust führen würden.
Die Wahrheit? Jede Frau ist anders, aber keine Frau will als „Date mit dem feuchten Höschen“ gelten. Selbst wenn Sex zum Plan beim Date gehört, möchten die meisten Frauen wie Damen angesehen und behandelt werden – und der Mann darf ruhig etwas zur Verführung beitragen.