Zum Hintergrund der Rolle „Sklavin“ und „Sklave“
Zum Hintergrund der Rolle „Sklavin“ und „Sklave“ – dieser Artikel versucht, jenseits aller Interessengruppen und psychologsichen Meinungen etwas Licht in die Rolle der Unterwerfung zu bringen.
Wenn sie im Internet nach der erotischen Sklavin oder dem erotischen Sklaven suchen, finden Sie – Pornografie. Der Begriff ist inzwischen so pervertiert worden, dass die bewusst-unterwürfige Rolle beinahe ausnahmslos als „sklavisch“ bezeichnet wird. Möglicherweise liegt der Ursprung im berühmten Buch „Venus im Pelz“, bei der es tatsächlich zu Anfang um den Gedanken der Versklavung geht: Der Held wünscht sich, versklavt zu werden und beginnt mit der potenziellen Herrin einen Dialog darüber.
Der Sklave – vom Leibeigenen zum pornografischen Objekt
Die Definition eines „Sklaven“ passt außerordentlich gut in das Zerrbild, das Pornografen von der lustvollen Unterwerfung gebildet haben: Einen Mensch, der als das Eigentum von jemandem lebt, für diesen arbeitet und selbst keine Rechte hat.Wenn wir den Hintergrund von erotischer Unterwerfung und erotischer Dominanz beleuchten wollen, dürfen wir uns nicht an der Porno-Branche orientieren. Fragwürdig ist auch, den zahllosen Internet-Veröffentlichungen von tatsächlich oder vorgeblich Betroffenen zu glauben, weil sich diese ihre Wahrheiten situativ so zurechtlegen, wie sie gerade gebraucht werden.
Die falsche Idee, Unterwürfige als „Sklaven“ zu bezeichnen
Das Kernproblem besteht im Begriff selbst – wer klären und unterscheiden will, sollte den unterwürfigen Mann nicht einen „Sklaven“ nennen und die entsprechende Frau nicht eine Sklavin. Solche Begriffe sind als Klischees unerträglich. Besser wäre, von Menschen zu reden, die Lust an der Unterwerfung verspüren.
Die meisten von uns haben sich schon einmal unterworfen: der Familie, der Gesellschaft den Verhältnissen. Beamte unterwerfen sich einem Regelwerk, das ihnen kaum Freiheiten lässt, Angestellte der Willkür ihrer Firmenpolitik, Selbstständige den Launen ihrer Kunden.
Lust an der Unterwerfung – nicht zwangsläufig auch sexuelle Lust
Es ist also normal, sich gewissen Bedingungen zu unterwerfen. Wer in erotische Rollensiele eintaucht, will aber mehr: Er sucht die Lust, die von der Unterwerfung ausgeht. Es ist eine sinnliche Lust, es kann eine erotische Lust sein und sie kann auch sexueller Natur sein.
Demnach erweist sich als eine relativ dumme Behauptung, erotische Unterwerfung sei krankhaft. Lustvolle, sinnliche Unterwerfung, mit der sich Menschen Träume erfüllen, soll „pervers“ sein?
Wie so oft, muss differenzieren, wer etwas wirklich verstehen will. Die Möglichkeit der körperlichen und emotionalen Unterwerfung wurde uns als „Demutshaltung“ in die Wiege gelegt – sie dient zu unserm Schutz. Schon im Jugendalter erkennen wir, dass sie spielerisch verwendet, auch Lust erzeugen kann – zum Beispiel, indem sich jemand „durchkitzeln“ lässt. Im Erwachsenenalter entdecken wir sie gelegentlich wieder: beispielsweise, wenn uns das Leben die Kraft raubt, wenn wir endlich einmal aus Macht und Verantwortung aussteigen wollen. Nicht wenige Männer und immer mehr Frauen, die machtvolle Positionen haben, finden im Spiel mit der Unterwerfung ihre Lust daran wieder, für nichts verantwortlich zu sein und die damit verbundene Unterwerfung unter die Macht anderer zu genießen. Und natürlich kommt der erotische Reiz dazu, von einer Person des anderen Geschlechts dominiert zu werden.
Unterschiedliche Rollen in verschiedenen Epochen
Das Spiel ist nicht für jede Frau und jeden Mann geeignet, und nicht alle wollen die gleichen Rollen. Es gab Zeiten, in denen die Herrschaften noch Dienstmägde und Lakaien beschäftigten. Da waren es eben diese Rollen, die auch von Spielern bevorzugt wurden. Später waren es Patienten, die von der Beherrschung durch Krankenschwestern träumten eine Folge der Kriegslazarette. Schüler, die noch die Prügelstrafe erdulden mussten, erträumten sich die Rolle des unartigen Schülers oder des renitenten Zöglings. Heute ist jede Haltung beliebt, die den unterwürfigen Partner zum devoten Bediensteten macht – wobei die subtileren erotischen Komponenten immer beliebter werden. Und noch etwas lässt sich beobachten: Immer mehr Paare spielen „privat“, und in den eignen Räumen, was sich an den Verkaufszahlen einschlägiger Produkte ergibt. Das bedeutet aber auch: Immer mehr Menschen spielen erotische Rollenspiele, ohne Mitglied der örtlichen BDSM-Gruppe zu sein. Und das wiederum erschwert die Beurteilung, was nun wirklich in den Paaren vorgeht, die ihre Lust auf diese interessante Art steigern. Odre, um auf das Internet zurückzukommen: Hier lesen wir zumeist, was in einschlägigen Zirkeln gedacht wird oder was professionelle „Dominas“ ihre „Werbesklaven“ schreiben lassen.
Gefahren für psychisch labile Personen
Bleibt der Hinweis auf Gefahren. Sicher, Unterwerfung kann sinnlich sein, zumal, wenn am Ende eine lustvolle Belohnung steht. Sie kann emotional befriedigen und sogar entzücken. Doch sie kann auch in die Abhängigkeit führen, und dies sogar, ohne dass es die unterwürfige Person zunächst bemerkt. Neben dem Spieltrieb und der Freude an der Lust benötigt die Kandidaten für sinnliche Unterwerfungen eben auch ein gesundes Selbstbewusstsein und psychische Stabilität sowie die Sicherheit, sich nicht suchtartig in die Abhängigkeit zu verirren.
Bild: Nach einer Zeichnung in „Moderne Sklaven“ („Escalves Modernes“), erschienen 1910.