Moral durch Medien? Nein – danke sehr!
„Massenmedien informieren nicht über eine vorgegebene Realität“ – nein, sie erzeugen sie. Ist da neu? Keinesfalls. „Die Wirklichkeit“, so wusste schon Paul Watzlawick, entsteht durch die Kommunikation. Und eine der modernen Pseudo-Wirklichkeiten entsteht dadurch, dass wie glauben, in den Massenmedien würden die Hüter des Wissens residieren, ja mehr noch, sie seien die einzig unbestechlichen Hüter der Moral.
Moral in fragwürdigen Händen – Medien und soziale Netzwerke
Mit der Moral ist man in den letzten Jahren wieder schnell bei der Hand. Die eigene Moral ist weitgehend die richtige, und je nachdem, wie der Zeitgeist gerade verläuft, ist etwas „richtig“ oder „falsch“ für die Medien. Es ist beispielsweise wieder Mode geworden, Männer zu bezichtigen, hirnlose, schwanzgesteuerte Ungeheuer zu sein. Man muss nur rotzfrech genug sein, dies in den Labermedien (aka „soziale Netzwerke“) zu verbreiten und genügend Anhängerinnen dafür finden. Nun nützt es nichts mehr, dass dies zwar einige Männer betrifft, die Masse aber nicht.
Der Autor und Soziologe Niklas Luhmann beschrieb das gegen Ende des vorigen Jahrhundert drastisch (Zitat):
Er ist moralisch anfällig für Versuchungen; also muss ihm der Unterschied von gutem und schlechtem Verhalten laufend nahegebracht werden. Er treibt steuerlos im Strom der Verhältnisse; also müssen ihm Entscheidungsmöglichkeiten vorgestellt werden.
Seit Luhmann dies geschrieben hat, sind Jahre vergangene – Jahre, in denen sich alles zum Schlimmeren gewendet hat. Die herumkritteln an minimalen Verfehlungen, das Bloßstellen vermeintlicher Verfehlungen, die Diffamierung von Männern als geistige, emotionale und körperliche Frauenverächter – all dies hat eher zugenommen als abgenommen.
Mediengestalten werden hervorgeholt – Spermageruch lockt
Um dem Volk nahezubringen, was man meint, werden Personen in den Vordergrund geschoben, um sich überhaupt über Moral aufzuplustern. Menschliche Verfehlungen (und um die handelt es sich zumeist), werden erst dann richtig lustvoll ausgeschlachtet, wenn es sich um angebliche oder wirkliche Prominente handelt. Der Zeitgeist sagte dabei: Es muss mindestens den Aasgeruch des Ungesetzlichen oder den Spermageruch des Unerwünschten haben, wenn wir die Personen herunterputzen. Wahr muss es nicht sein.
Vielleicht dürfen wir die moralinsauere Presse einmal daran erinnern, dass man vor wenigen Jahrzehnten noch Menschen herunterputzen konnte, weil sie homosexuell waren, und noch kurz zuvor, weil sie „Ehebruch“ begangen hatten. Heute ist dies nicht mehr so einfach, wenngleich immer noch möglich. Ein Beispiel für diesen „neuen Zeitgeist“: Falls eine Frau sich nicht „eindeutig“ zu ihren lesbischen Neigungen bekennt, wird dies wochenlang durch die Presse geschleift. Nein, es ist nach „Neusprech“ und Zeitgeist nicht unmoralisch, lesbisch zu sein. Es ist nach der Neo-Moral aus der Retorte unmoralisch, sich nicht dazu zu bekennen, wenn es viele glauben.
Wer für sich selbst bestimmen will, was „moralisch“ ist und was nicht, wer noch darüber nachdenkt, was alles erfüllt sein muss, um verantwortungslos zu handeln, der hat es schwer. Die Medien nehmen ihm die Entscheidung ab, indem sie schon Urteile sprechen, bevor es Richter tun können. Und wer seien Moral noch halbwegs selbst definieren will und dies auch öffentlich sagt, der wird mundtot gemacht oder niedergeschrien.
Fragt sich doch: Wo bleibt eigentlich die Idee, Gedanken seinen frei und das Denken sei auch außerhalb des Zeitgeistes erlaubt?
Lesen Sie dazu bitte auch: Was Mit Lust.