Warum wir Menschen nicht wissen, was Liebe ist
Wenn Sie den Schwanz eines Elefanten betasten, können sie nicht wissen, was ein Elefant ist. Und wenn sie den Penis eines Mannes betasten, können Sie daraus nicht erkennen, ob er sie liebt.
Sprache beschreibt nicht, was Liebe ist
Deshalb haben wir Menschen uns angewöhnt, die Sprache zu benutzen, um ausführlich zu erläutern, was für „uns Menschen“ Liebe ist. Wenn Sie auch nur ein einziges Mal ein Buch darüber gelesen haben (egal welches) werden sie finden: Je mehr die Liebe erklärt wird, umso mehre ist es nicht mehr Liebe, was da erklärt wird. Am auffälligsten ist dies in der Wissenschaft: Sie sucht so lange nach Erklärungen, bis sie den Kern ihrer Betrachtungen völlig aus den Augen verloren hat. Im Grunde genommen reicht: Liebe ist erstens Sozialkitt und zweitens ein Grund, miteinander lustvoll umzugehen. Alles, was darüber hinaus gesagt und gedacht wird, ist Spekulation. Der Erfolg einschlägiger Bücher, seien sie naturwissenschaftlich, psychologisch, soziologisch oder gar philosophisch angedacht, lässt sich darauf zurückführen, dass wir Menschen gerade an unerklärlichen Phänomenen stark interessiert sind und deshalb jeder spekulativen Erläuterung nachrennen.
Wissenschaftler sind geschwätzig – aber sie wissen nichts über die Liebe
Ein typisches Beispiel aus der Naturwissenschaft ist die Gehirnforschung. Sie ist wirklich weit gekommen, und mithilfe der MRT kann der Naturwissenschaftler tatsächlich viele der verborgenen Vorgänge im Gehirn erläutern. Der Informatiker allerdings lacht über diese Forschung, weil sie die nachrichtentechnischen Vorgänge nicht einmal im Ansatz abbilden kann – und nur auf die kommt es im Grunde an. Denn es gibt Tausende von Möglichkeiten, wie Informationen aufgenommen werden, und wie sie sodann abgespeichert und mit anderen Informationen verknüpft werden. Noch simpler: Es kommt daraus an, wann, wie und wo wir Liebe erlebt haben und was unser Hirn darüber gespeichert hat. Und sobald es um Sexualität geht, kommen noch Faktoren hinzu, die mit Begierde zusammenhängen.
Nur Sie selbst wissen, was Liebe ist
Was bedeutet das? Vor allem, dass wir alle die Liebe unterschiedlich empfinden, während wir wissen, dass uns dennoch Vieles über die Liebe verbindet.
Im Grunde könnte das alles sein, was wir wissen müssen. Wenn man jedoch, wie ich, täglich das Rauschen des Blätterwalds vernimmt, und das unendliche dumme Geschwätz verfolgt, das als „Wissen“ vermarktet wird, dann kommt man eben doch auf die Idee, das wir „reden müssen“.
Worüber sollten wir reden? Über uns, worüber sonst? Wenn wir beginnen zu sagen: „Ich empfinde dies so“, oder „für mich ist dies so“, dann sagen wir etwas über die Liebe aus.
Bedingungslos geliebt werden oder etwas dafür leisten?
Eine für mich sehr eingängige Behauptung geht davon aus, wir Menschen würden uns danach unterscheiden, ob wir Liebe in den Kindertagen bedingungslos empfangen haben oder etwas dafür leisten mussten, sie zu bekommen. Wenn wir dies mit unserer erblichen Veranlagung kombinieren, können wir uns vielleicht selbst erklären, ob wir Liebe als selbstverständlich annehmen oder dauernd damit beschäftigt sind, sie uns zu erkaufen.
Sehen Sie: Es ist ausgesprochen anstrengend, sich Liebe zu erkaufen. Schon deshalb, weil sie sich damit an die Verkäufer(innen) von Liebe wenden müssen, deren Motive fragwürdig sind. Wenn Sie nun empört sein sollten, weil sie an Prostitution denken, dann sage ich Ihnen: Davon ist überhaupt nicht die Rede. Darf ich Sie daran erinnern, dass nahezu alle Ratschläge beim Online-Dating in die Richtung gehen, gegenüber dem Partner ein Übermaß an Wohlverhalten zu zeigen? Was ist dies anderes als um Liebe zu buhlen?
Liebe einkaufen – auf Dauer anstrengend
Wir können ab einem gewissen Alter nicht aus unserer Haut heraus. Wer gewohnt ist, Liebe gegen Wohlverhalten einzukaufen, wird immer in dieser Währung zahlen. Und wer sich die Liebe eines Mannes mit einem großen Dekolleté erkaufen will, soll es tun. Aber wer das tut, muss sich sehr anstrengen, und er oder sie wird bald herausfinden, dass die erbeutete Liebe bei der Vorgehensweise nicht viel wert ist.
Möglicherweise zahlen wie alle ab und an mit irgendeiner Währung für die Liebe. Doch wenn wir von den anderen nach kleinen, spielerischen Tauschgeschäften nicht bedingungslos geliebt werden, dann ist die Liebe wirklich nicht viel wert.