Dating und Psycho-Spiele – erlaubt oder verboten?
Was früher einmal „Spiele der Erwachsenen“ hieß, wird heute süffisant „Mind Games“ genannt. Das englische Wort kann mit „Gedankenspiele“ aber auch mit „Psycho-Spielchen“ übersetzt werden.
Das Überraschende für Sie könnte sein, dass wir alle hin und wieder ein kleines „Spielchen nach Psychoart“ miteinander versuchen. Und wahrscheinlich wird Sie auch wundern, wie legitim Psycho-Spiele sind. Der bekannte Psychiater Eric Berne hat es nachhaltig bewiesen und zudem sehr treffend beschrieben. Der Psychotherapeut Paul Watzlawick hat dazu eine Theorie entwickelt, nach der es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren und, in der Folge, also auch unmöglich, sich nicht zu verhalten. Falls wir versuchen, nicht zu kommunizieren oder uns nicht zu verhalten, beginnt bereits das Spiel. Dies hat wiederum der Psychiater Ronald D. Laing in einem seiner Psycho-Gedichte („Sie spielen ein Spiel“) deutlicher dokumentiert.
Nicht alle Psycho-Spiele sind „sozial korrekt“ und nicht alle sind „fair“. Wir müssen uns ohnehin davon freimachen, dass in der Liebe immer alles „sozial korrekt“ oder „fair“ ist. Die einzigen Menschen, die so denken und die ich kennenlernen konnte, waren Frauen über 40, die stur auf „Korrektheit“ und „Fairness“ beharrten – und die niemals einen Partner fanden, weil sie sich nicht auf Spiele einlassen wollten.
Flirt – das Spiel aller Spiele in der Liebe
Das Spiel aller Spiele in der Liebe heißt „Flirt“. Es ist ein Psycho-Spiel mit der Möglichkeit, den anderen so weit erotisch zu reizen, dass er Lust empfindet. Ich denke, mehr als 95 Prozent dieser Spiele werden abgebrochen, bevor die Dame ein feuchtes Höschen bekommt oder der Herr einen steifen Penis. Aber die restlichen fünf Prozent führen eben zu einer weiteren und dann meist intimen Verabredung oder direkt ins Bett.
Nimm mich – aber wehe, du versuchst es
Spiele gib es in Massen – Eric Berne nennt vor allem Partyspiel und Sexspiele, die manche Menschen auch bei Dates anwenden. Bei den Sexspielen gibt es eine besonders kritische Form, die man als „Anmachen und Verweigern“ bezeichnen kann. Eine der bekanntesten Unterformen ist „mach mich an, aber wehe, du tust es“, eine Form, die zu den schrecklichen „Doppelbindungen“ gehört. (Berne nannte diese Spiele „RAPO“).
Auf einer Party oder bei einem Date geht das Spiel so, dass die Frau provokativ auftritt, also je nach Typ mit großem Dekolleté sehr kurzem Rock, sichtbaren Dessous oder einfach besonders stark geschminkt. Provokativ kann auch ein bestimmtes Flirtverhalten sein. Sobald sich der Mann jedoch darauf bezieht, gehen die Jalousien herunter und die Frau beklagt sich, dass der Mann sie als Person nicht ernst nimmt, sonder nur auf das Äußere achtet.
Diese Spiele kommen bei Männern nicht gut an. Zwar kann das Spiel mit „Reizen und Verweigern“ sehr amüsant sein. Aber wenn es übersteigert wird und vor allem, wenn es gar nicht als Spiel empfunden wird, ist es einfach schrecklich zu ertragen.
Was wäre, wenn …
Das Spiel „Was wäre wenn?“ ist eines der beliebtesten Spiele, um jemanden „über den Zaun zu tragen“. Beim Date wird dieses Spiel relativ häufig gespielt und es hat seinen Sinn. Nehmen wir an, jeder der beiden Partner redet nur von sich – durchaus angemessen und partnerschaftlich. Dann sollte man sich doch fragen dürfen: „was wäre, wenn?“ Denn wenn beide ein Paar würden, wären dann die soeben vorgetragenen Verhaltensweisen und Zukunftspläne noch weiterhin möglich? Es ist also durchaus legitim, nach dem „was wäre wenn?“ zu fragen.
Warum eigentlich nicht?
Das Spiel „Warum eigentlich nicht“ hat einen ähnlichen Sinn, wie „Was wäre wenn …“. Doch während das „Was-wäre-Wenn“-Spiel durchaus ernsthaft mit einer möglichen späteren gemeinsamen Zukunft jongliert, sorgt „Warum-eigenlich-nicht“ dafür, momentane Hemmungen zu überwinden. Wenn das Date sich ein paar Stunden hinzieht, taucht am Ende fast immer die Frage auf, ob man es bis in den Morgen fortsetzt. Dann dienen die Gespräche fast immer dazu, das letzte Gleiten in den schönen Leichtsinn mit „warum eigentlich nicht?“ zu forcieren.
Inquisition – das schlimme Spiel
Dieses Spiel ist besonders beliebt bei Frauen, die „schlechte Erfahrungen“ gemacht haben. Sie gehen davon aus, dass fast alle Männer in Wahrheit elendigliche Schufte sind. Und um dies zu beweisen (oder selten das Gegenteil) müssen die Männer auf die Psycho-Folterbank. Sodann wird ein Fragekatalog abgearbeitet, der im Zweifel dann auch noch zu sehr detaillierten intimen Fragen führt. Manche dieser Foltermägde versuchen dabei, das Persönlichkeitsbild zu zerstören, die berufliche Qualifikation anzuzweifeln oder andere moderne Psycho-Tricks zu nutzen, um die Persönlichkeit zu demontieren. Ich kann nur raten, diese Frauen nach einem höflichen, aber bestimmten Hinweis auf ihre Unverschämtheiten rasch zu verlassen – denn wenn Sie ablehnen, weiter befragt zu werden, werden Sie sogleich als potenzieller Lügner eingestuft.
Wie ist es wirklich mit den Spielen?
Ganz klar: Jeder spielt, und Spiele lassen sich nicht vermeiden. Das gilt in besonderem Maße bei der „Anbahnung“ einer Liebesbeziehung. Selbst das alte Spiel mit „Reizen und Verweigern“ kann amüsant und unterhaltsame sein, und es kann durchaus auch dazu dienen, ob es ein Mann nun „ernst“ meint oder nicht. Ganz schlecht sind aber Spiele, bei denen sich ein Partner ständig aufspielt, als hätte er das Recht, Macht über den anderen auszuüben, wie beim Inquisitions-Spiel. Ebenso schlecht sind Spiele, die der Partner nicht gewinnen kann, wie etwa solche mit der Doppelbindung.
(Mach mich an, aber wehe du tust es). Wer die Möglichkeiten menschlicher Kommunikation ausschöpft und noch dazu Humor hat, wird schnell über alle Hürden, Tricks und Fettnäpfchen hinwegkommen. Dazu gehört auch der Umgang mit Provokationen. Sobald Ihnen jedoch „mulmig“ wird, weil Sie sich „gezwungen“ fühlen, sollten sie die Kommunikation abbrechen und – im Falle eines Dates – nicht noch mehr Zeit mit der Person verschwenden.
Hinweis: Die Grundlagen von Berne, Watzlawick und Laing sind in Buchform oder im Internet verfügbar. Ich verzichte darauf, sie im einzelnenzu benennen. Da die Einlassung von Laing weniger bekannt ist: Sie finden diese Stelle im Gedichtband „Knots“ (Deutsch: „Knoten“)