Romantik, Erotik, Sinnlichkeit – erzeugen, empfinden und bewerten
Sie alle haben die Begriffe schon gehört, Sie alle haben eine Vorstellung davon – und doch versteht jeder unter den drei Zuständen etwas anderes.
Lexika helfen da kaum weiter, wie einige Blicke in moderne Begriffssammlungen, wie etwa Wikipedia, oder althergebrachte Bürgerlexika, wie etwa Meyers, deutlich zeigen.
Die Sinnlichkeit – Eindrücke von außen bewegen das innere Fühlen
Beginnen wir mit der Sinnlichkeit: Es ist die weitgehend passive Empfänglichkeit der Psyche für Eindrücke, die von außen auf sie einströmt, aber auch die Gesamtheit der menschlichen Triebe, sagt (kurzgefasst) das Meyers Lexikon der Jahrhundertwende. Wikipedia belehrt uns, Sinnlichkeit sei lediglich „umgangssprachlich die Hingabe an das angenehme Erleben durch die Sinne.“ Wikipedia erklärt die erweiterte Bedeutung dann unsinnigerweise mit einem Fremdwort: „Oft wird Sinnlichkeit auch als eine Form von Erotik gesehen, ist aber nicht darauf beschränkt.“
Wenn Sie das nun nicht so schrecklich erhellend finden, haben Sie sicherlich recht – aber leider habe ich gegenwärtig weder Zeit noch hier genügend Platz, Ihnen das genau zu erklären. Warten Sie bitte – ich werde Ihnen den Begriff der Sinnlichkeit bald noch ausführlich entfalten. Hier nur ganz kurz:
Sinnlichkeit entsteht, wenn die Sinne unmittelbar, teils auch unbewusst, von außen angesprochen werden. Diese Eindrücke werden überwiegend optisch oder taktil aufgenommen, entstehen aber als „sinnlich“ erst im Gehirn, wo sie mehr oder weniger Einfluss auf die Stimmung und das Verhalten haben können.
Erotik – das vielschichtige, ungenau Empfinden der Sexualität
Erotik ist im Prinzip wesentlich einfacher und klarer zu erklären: Sie beinhaltet alles, was von der Liebe handelt, wobei die Sexualität als natürlicher Bestandteil der Liebe angesehen wird. Gelegentlich wird die erotische Provokation auch als „Frivolität“ bezeichnet. So ungefähr würden wir es auch in alten Lexika gelesen haben. Moderne Lexika versuchen, bei der Erotik stärker zu differenzieren, verlieren sich aber dabei in Details. Dabei entsteht ein ähnliches Phänomen wie bei der Erklärung der Liebe: Je mehr davon erklärt wird, umso weniger versteht man sie. Der Grund dafür ist einfach, denn Erotik entsteht aus Komponenten, die erst im Hirn zu einem sexuell stimulierenden Eindruck zusammengesetzt werden. Ich drücke das in meinen Schriften so aus:
Wenn Sie aus dem Foto einer Dame mehr lustvolle Eindrücke beziehen, als tatsächlich darauf abgebildet sind, dann empfinden sie Erotik.
Ähnliches gilt übrigens auch für erotische Schriften, bei denen das Bild im Kopf zumeist weitaus lustvoller ist als der oft dürftige Text.
Erotik entsteht im Gehirn aus äußeren Anregungen, auch aus unbewussten Wahrnehmungen, Fragmenten oder Facetten, die ganz individuell die lustvolle Fantasie anregen. Was dabei nicht sichtbar und fühlbar ist, wird aus dem Erfahrungsschatz früherer Eindrücke und Erfahrungen ergänzt. Eindrücke dieser Art können zu erotischen Fantasien führen oder auch situativ zu sexuellen Wünschen und Handlungen unterschiedlicher Art und Intensität führen.
Die Romantik der Liebe – missverstanden und fehlinterpretiert
Ausgesprochen schwierig ist hingegen, Romantik zu erklären, denn Romantik ist – außerhalb der Literatur – eigentlich kein gültiger Begriff der deutschen Sprache. Alte Lexika wissen nichts von dem Wort „romantisch“ in der Alltagssprache, sodass wir auf Wikipedia zurückgreifen müssen:
Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnen die Wörter Romantik und romantisch heute meist einen sentimentalen Zustand des Gefühlsreichtums, vielleicht auch der Sehnsucht.
Im Grunde wird das Wort heute im ursprünglichen Sinn benutzt: Wenn etwas „romantisch“ ist, dann ist es wie im Roman, aber nicht wie in der Wirklichkeit. Das gilt auch für den Begriff im Zusammenhang mit der Liebe: Die „romantische“ Liebe ist entweder ein Produkt der Manipulation oder aber eine Beengung wird im Rückblick „romantisiert“, das heißt, die gefühlsmäßig positiven und starken Seiten werden konserviert. Also:
Romantik ist ein gedanklicher oder psychischer Zustand, der weniger auf dem tatsächlichen Erleben als auf der Vorstellung davon beruht. Dabei werden als positiv empfundene Gefühle verdichtet und überhöht, während die äußeren Umstände und negative Empfindungen unterdrückt werden. Dadurch entsteht oftmals eine Gefühlduselei, die besonders in Liebesromanen kultiviert wird.
Übrigens begegnen wir dem Begriff „romantische Liebe“ heute vielfach in schlampig übersetzten Werken aus dem Englischen. Gemeint ist dabei nichts als die Liebe, die zwischen Liebespaaren entsteht, im Gegensatz zur Bruderliebe oder der Menschenliebe.
Ich verspreche Ihnen, mehr und ausführlicher über die drei Begriffe zu schreiben und hoffe bis dahin auf etwas Feedback zu meinem Artikel.
Bild: Historisches Foto, nachkoloriert.