Lesbisch – nicht immer eine eindeutige Etikettierung
Mit „lesbisch“ ist das so eine Sache. „Lesbe, Lesbenlokale, Lesbierin“ sind Begriffe, die heute jeder Schüler kennt, und dann war da auch noch „lesbisch“. „Die ist ja lesbisch“ ist so gut wie eine Abstempelung: Die Frau kommt für die Jungs nicht infrage, und für die meisten Mädchen auch nicht.
Die elende Etikettierungswut, die seit der Definitionsmacht der Genderfosrchung haarsträubende Formen angenommen hat, lässt keine Interpretationen mehr offen. Heute „ist sie lesbisch“. Dann ist sie für die einen abgestempelt und entwertet – und für die anderen eine Ikone des Outings und damit aufgewertet. Früher sagte sie vielleicht, sie „sei Frauen zugeneigt“ oder „sie liebe Frauen“, was nicht nur ehrlicher, sondern auch menschlicher ist.
Unwort lesbisch – Begriff für viele Frau-Frau-Beziehungen
Das Wort „lesbisch“ hat – anders als „homosexuell“, in der Öffentlichkeit eine Mehrfachbedeutung. Es steht einmal für eine eindeutige sexuelle Ausrichtung, dann für eine erotische Präferenz und schließlich für das Liebespiel zwischen Frauen. In erotischen Groschenromanen, pornografischen Filmen und im Jugendjargon ist jede intime Zärtlichkeit, die Frauen austauschen „lesbisch“, ja, sogar SM-Aktivitäten werden als „lesbisch“ bezeichnet, wenn sie ausschließlich von Frauen ausgeführt werden.
Genau genommen ist „Lesbisch“ also ein Wort, dem viele Bedeutungen beigemessen werden, und deshalb ist der Begriff mehr als unscharf. Die „eindeutige sexuelle Ausrichtung“ spielt eine große Rolle in der LGBT-Szene als Etikettierung, die „erotische Präferenz“, also die Bevorzugung von Frauen als Liebespartnerinnen, eher im Privaten als Bestandteil der Persönlichkeit.
Differenzierungen – wissenschaftlich, intellektuell oder vom Gefühl aus gesehen
Ja nach sprachlichem Vermögen, journalistischer Erfindungsgabe, Selbstdefinition, Zeitgeist und dem Urteil von Gender-Forscherinnen werden Nuancen der „weiblichen Lust, andere Frauen zu lieben“ unterschiedlich definiert.
„Lesbisch sein“ bedeutet, wie bereits bemerkt, die Definition der Person über die sexuelle Orientierung.
„(Als Frau) eine Frau zu lieben“ bedeutet, seine Gefühle zu offenbaren und eine mögliche sexuelle Präferenz offenzulegen.
Bisexuell zu sein (nicht als weiblich definiert) bedeutet eher wissenschaftlich, an beiden Geschlechtern sexuell interessiert zu sein.
Bi-neugierig (hauptsächlich für Frauen gebraucht, englisch bicurious) steht für den Wunsch einer Frau, sich von einer anderen Frau lieben zu lassen. Dieser Wunsch soll nach unterschiedlichen Quellen und Befragungsmethoden bei zwischen 20 und 50 Prozent der Frauen vorhanden sein.
„Heteroflexibel“ zu sein bedeutet (ebenfalls oft für Frauen verwendet, sonst geschlechtsneutral), hauptsächlich dem anderen Geschlecht, aber, falls sich die Gelegenheit ergibt, auch dem gleichen Geschlecht zugeneigt zu sein.
„Sexuelle Veränderlichkeit“ oder „Fließende Sexualität“ (sexual fluidity) nennt man die Tendenz, in der sexuellen Präferenz wandelbar zu sein, also mal das eine, mal das andere Geschlecht zu lieben und Beziehungen einzugehen. Dieser Begriff wurde von der Psychologin und Feministin Lisa Diamond nach umfassenden Forschungen an Frauen vorgeschlagen.
Diskussion um den Begriff des „lesbisch Seins“
Die Diskussion um „lesbische Tendenzen“ heterosexueller Frauen ist recht alt und wird heute hauptsächlich akademisch geführt. Sie zerreibt sich gegenwärtig zwischen dem Mantra, eine sexuelle Orientierung „könne nicht gewählt werden“ und der gegebenen Realität, dass Gefühle dennoch schwanken und Liebessehnsüchte gelegentlich von beiden Geschlechtern gestillt werden können.