Rollenspiele und Shades of Grey – Ursache oder Wirkung?
Was war zuerst da beim Interesse am sinnlich rot gehauenen Hintern? Es könnte das latente Interesse an gewagten Rollenspielen mit Fesselungen, sinnlichen Schlägen und der Strenge der Dominanz gewesen sein. Oder waren es doch die „50 Shades of Grey“, wie jetzt jedermann behauptet?Jeder Kommunikationsforscher wird Ihnen sagen: Wo kein latentes Interesse vorliegt, das lässt es sich auch nicht durch ein Buch erzeugen. Wer genau hinguckt, wird ohnehin feststellen: Als die „Shades of Grey 2011 / 2012 erschienen, waren die Versandhauskataloge schon woll von Peitschen und Handfesseln, Domina-Lederklamotten, Krokodilklemmen und Sklavenhalsbändern. Das „Gesprächsthema rund um den Globus“ wurden die „Shades“ durch die Mamis, die das Buch verschlangen, um sich in die Rolle der Anastasia zu versetzen – die freilich so toll gar nicht ist. Sie wird es nur in der Fantasie, und auch nur dann, wenn man den Schmerz herbeisehnt, aber niemals selbst gespürt hat.
Das Casual Dating Portal SECRET, das als frauenfreundlich gilt, hat zum Start des Kinofilms im Februar über 5.000 aktive Mitglieder zu ihren Erfahrungen und Fantasien rund um BDSM befragt.
Wer wünscht sich das zart-harte Vergnügen der Unterwerfung?
Demnach hatten bereits 43 Prozent der Befragten „bereits Erfahrung mit BDSM“, wobei das Wort „BDSM“ im Grunde genommen nicht viel aussagt, welche Erfahrungen sie wirklich hatten. Berichtet wird, dass „viele, die sich bisher nicht an die Praxis herangewagt haben“, für Rollenspiele ähnlicher Art aufgeschlossen zu sein schienen: „Jeder Zweite“, soll angeblich anstreben, es „einmal auszuprobieren.“ Da wünsche ich viel Vergnügen beim Popo-Verhauen. Wie Secret feststellte, würde jeder Fünfte der Befragten „sich gerne von einem erfahrenen Partner in diese Welt einführen lassen.“ Ein Drittel hingegen habe keine Wünsche in diese Richtung und für acht Prozent solle BDSM nur Teil der Fantasie bleiben.
Verstärkung der Fantasien – wie es funktioniert
Freilich beflügelt das Buch Fantasien – das ist die bereits vorerwähnte verstärkende Wirkung bereits vorhandener Fantasien, die man aber erst zugeben darf, wenn genügend Menschen darüber reden. Das ergibt dann eine kybernetische Spirale: Zu Anfang haben die lesenden Frauen devote Fantasien, für die sich schämen. Sobald ein gewisses Maß an öffentlichen Diskussionen über ein erotisches Thema erreicht ist (hier durch die „Shades of Grey“ ausgelöst), bekennen sich immer mehr Leserinnen zu diesen Fantasien. Und je mehr Leserinnen es tun und darüber erden, umso mehr interessieren sich weitere Frauen dafür.
Warum ich nicht von Männern rede? Weil die „Shades of Grey“ nahezu ausschließlich von Frauen gelesen werden. Warum das so ist? Eine Antwort könnte sein, weil Frauen Kitschromane mit Erotik-Sahnehäubchen lieben gelernt haben. Eine andere gibt SECRET:
Besonders Frauen genießen es, wenn sie die Führung abgeben können – drei Viertel sind gerne devot und nur 38 Prozent schlüpfen (auch) in die dominante Rolle. Da passt es gut, dass der Großteil der Männer (73 %) gerne den dominanten Part übernimmt und sich nur 29 Prozent mit dem devoten identifizieren können. Jede dritte Frau erlebt Schmerzen als lustvoll (Männer 12 %) und 39 Prozent der Männer (Frauen 13 %) regt es an, wenn sie ihm zu Willen ist. Die Spannung aus Macht und Ausgeliefertsein ist es vor allem, was die meisten an BDSM besonders aufregend finden (79 % Frauen, 60 % Männer).
Für sehr wahrscheinlich halte ich das letzte Zahlenpaar (Spannung und Machtgefälle erregend finden), bei den anderen wage ich, Bedenken anzumelden, weil möglicherweise Geschlechterklischees in die Befragung eingeflossen sind.
Fragwürdige Begrifflichkeit: BDSM
Lassen Sie mich bitte noch dies ergänzen: BDSM ist eine Art „Markenzeichen“, das nur von der einschlägigen Szene genutzt wird und das als Begriff reichlich angejahrt wirkt. Die meisten Paare, die Rollenspiele praktizieren, bewegen sich außerhalb der Szene – und das ist im Allgemeinen auch gut so, weil das Liebesleben Privatsache ist.
Damit SECRET nicht übergangen wird: Manche Paare finden sich tatsächlich über Casual Dating Seiten, weil „sie außerhalb des Internets keinen Partner für BDSM finden“. Ich muss aber nachdrücklich davor warnen, einer dominanten Frau oder einem dominanten Mann zu sehr zu vertrauen und rate: Führen Sie ein langes, ausführliches Vorgespräch und lassen Sie sich nicht auf die „Bedingungen“ von Ms. oder Ms. Grey ein. Bedenken Sie dabei vor allem: Wenn Sie erst einmal gefesselt sind, können sie nicht mehr fliehen.
Hinweis: Dieser Artikel wurde unter Verwendung von Pressematerial des Internet-Unternehmens SECRET erstellt.