Zurück zum Alltag in der Partnersuche?
Die allgemein zu beobachtende Abkehr vieler Experten vom Online-Dating macht sich nun auch bei Nina Deißler bemerkbar, die in Deutschland für ihre Flirtseminare bekannt ist.
Sie meinte jüngst in einem Interview mit der TAZ, Online-Dating würde dazu führen, „im Alltag immer weniger auf Fremde zu achten und auf sie zuzugehen“.
Ich weiß nicht, welche Altersgruppe Frau Deißler dabei im Auge hatte. Aus der Sicht der Über-40-Jährigen, die ich noch in etwa „auf dem Schirm“ habe, erscheint mir eine solche Einstellung allerdings mehr als fragwürdig zu sein. Aber selbst, wenn ich es glauben wollte: Auf welche „Fremde“ sollte denn jemand achten, und wo sollen die überhaupt angeflogen kommen? Oder, viel einfacher: Wo ist denn bitte der Markt?
Da liegt ganz offensichtlich ein wesentliches Problem vor, das über die bekannten und immer wieder vertretenen „schrecklich einfachen Lösungen“ hinausgeht. Partnersuche ab 40 bedeutet nicht einfach: „Hinausgehen und sich umsehen.“ Wäre es so, dann hätten die Menschen über 40 ja keine Probleme damit.
Was fast nirgendwo in der Literatur (oder in Seminaren) zu finden ist (und dringend gesagt werden müsste): Partnersuche findet an Märkten statt. Und wenn die „natürlichen“ Märkte verschwinden (bereits deutlich ab 30, überdeutlich ab 35, schmerzlich ab 40), dann müssen sich Partnersuchende sich eben Alternativen zu den „üblichen“ Vor-Ort-Märkten verschaffen.
Mittlerweile bin ich der festen Überzeugung, dass die Partnersuche wahrhaftig mit Wunsch- und Kitschvorstellungen verseucht ist, von der Märchenvorstellung der Romantik bis zum naseweißen „Anspruchsdenken“. Und ich glaube zumindest erkannt zu haben, dass diese falsche (weil trostlose erfolglose) Strategie auch weiterhin unterstützt wird, von wem auch immer.
Was hilft? Die Ökonomie der Partnersuche zu begreifen. Wer die einmal verinnerlicht hat, braucht sicherlich oft noch ein wenig Anleitung und Beratung zusätzlich. Aber ohne die Ökonomie der Partnersuche ist alles nur ein Rattenrennen, bei dem es nichts zu gewinnen gibt.
Es mag ja sein, dass viele Menschen inzwischen die Partnersuche „online“ für unromantisch halten – ich jedenfalls nicht. Und noch etwas: Wer sich, wie Frau Deißler behauptet, jemand „einen Partner aus einem Datennetz auswählt und per Click“ bestellt, der hat im Online-Dating ohnehin nichts verloren. Der ist ein Typ für den Escortservice.
Bild: Nach einer ungarischen Karikatur auf den Zustrom von Huren nach Budapest.