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Online-Dating: Tod der Liebeskultur?

Die USA sind nicht mit Europa zu vergleichen, und insbesondere haben wir keinen Dating-Kultur zu verlieren, weil wir nie eine hatten.

Dennoch stimmt nachdenklich, was der Journalist Tomasz Kurianowicz für die „Neue Züricher Zeitung“ (NZZ) schrieb:

Jeder Nutzer sieht sich als Opfer der Turbo-Dating-Kultur, ohne bereit zu sein, der Verrohung des Kennenlernens individuelle Hingabe entgegenzusetzen. Die Folgen sind paradox: Mittzwanziger, die die Hässlichkeit der Dating-Kultur und deren sexuelle Unverbindlichkeit beklagen, sind dennoch nicht bereit, das Risiko einer monogamen langfristigen Beziehung mit all ihren Schluchten und Abgründen ernsthaft einzugehen.

Doch es ist nicht, wie behauptet wird, die „grenzenlose Auswahl“, die „bedingungslose Liebe“ verunmöglicht, wie ein Schlaumeier der NZZ dies formulierte. Vielmehr ist es eine Zeiterscheinung, ein „Zeitgeist“, und zudem einer, der mit Online-Dating nicht viel zu tun hat. Er tritt massenhaft nur dort auf, wo es auch Massen von Singles gibt: In Großstädten, und er tritt unter jenen auf, die glauben, dass Karriere und billige Vergnügen das Leben bestimmen.

Schnösel sind kaum ein Vorbild – wer ist die „Abschleppgeneration“?

Nimmt man diese Leute einmal aus, die man gut und gerne auch als „Schnösel“ bezeichnen könnte. Diese Schnösel-Generation ist es denn auch, die „verlernt habe, zwischenmenschliche Beziehungen auf lange Sicht hin zu pflegen“ (NZZ), und deswegen auch als Hook-Up-Generation bezeichnet wird – als „Abschleppgeneration“ mit ONS und anderen kurzzeitigen Beziehungen. Doch allein dieser Begriff wie auch die „unendliche Auswahl“ oder „Fomo“ – die Angst etwas zu verpassen scheinen nichts als neue Etiketten zu sei. Kulturelle Veränderung? Generationskämpfe? Oder vielleicht beides?

Theologin meint, die Jugend würde unglücklich mit Sex

Es ist müßig, die Jugend (auch Menschen Mitte 20 zählen noch zur Jugend) zu bezichtigen, sich ihre Partner nicht „korrekt“ zu suchen, was sich etwas in einem Satz der Gender-Forscherin und Theologin Donna Freitas manifestiert, die behauptet:

Dass eine erschreckend hohe Anzahl an Interviewpartnern noch nie ein traditionelles Date gehabt hat.

Der dazugehörige Buchtitel (laut NZZ) : Das Ende der Geschlechter: Wie die One-Night-Stand-Kultur eine ganze Generation unglücklich macht und sexuell frustriert.(1)

Vermutlich verkauft sich das Buch gut, und Ms. Freitas wird voraussichtlich in allen gängigen Fernsehsendungen herumgereicht, in denen Millionen US-Amerikaner erfahren wollen, wie verdorben die Jugend ist. Heia, Safari!

Hook-Up-Geschwätz – ist es ein Generationenproblem?

Mich erinnert dieses Pseudo-Wissenschaftliche „Jugend-Bashing“ fatal an die späten 1950er Jahre, in denen Lehrer, Kirchen und der Rest des vermufften Bürgertums uns Jugendlichen klar machen wollten, dass wir die „Parasiten des Jazzkellers“ waren, die Generation ohne Anstand, diejenigen, denen man erst einmal „Einnorden“ musste. Sicher waren wir „Parasiten“ nicht die Einzigen, denn außer uns waren da ja noch die „Halbstarken“. Ich habe mir den Gutmenschensatz bis heute gemerkt:

Auf den Einwand eines Jugendlichen, er brauche Sex, schließlich wolle er noch etwas „vom Leben HABEN“, sagte einer dieser oberschlauen „Fürsorger“: „Junger Mann, Sie sollten besser noch „etwas von LEBEN haben.“

Die Generation, die damals angesprochen wurde, befindet sich heute im Rentenalter. Sie hat ihren Weg gemacht – oder auch nicht. Aber dies ist sicher: Es hat nicht daran gelegen, wie man mit dem Sex umgegangen ist.

(1) Derzeit nur in englischer Sprache verfügbar: „The End of Sex: How Hookup Culture Is Leaving a Generation Unhappy, Sexually Unfulfilled, and Confused about Intimacy“

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