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Kind, du solltest heiraten – aber doch nicht schon jetzt

Wie Mütter, Freunde und Bekannte ein fragwürdiges Frauenbild erzeugen: Tob dich aus, Mädchen, und mach nebenbei Karriere, aber binde dich bloß nicht zu früh an einen Mann!

Noch bis in die 1970er Jahre wurden Männer über 30 und Frauen über 25 „scheel“ angesehen, wenn sie unverheiratet waren. Beim Mann rätselte die Gesellschaft: schwul, Spätentwickler oder Hagestolz? In meiner Heimatstadt lud man die Männer an ihrem dreißigsten Geburtstag sogar zum Schaufegen der Domtreppen ein: Es musste doch möglich sein, die Kerle an die Frau zu bringen, auf Biegen oder Brechen. Mittlerweile ist dort zu gewissen Zeiten kaum noch Platz vorhanden, weil es zu viele „Feger“ gibt.

Die Damen mussten nicht fegen. Die bürgerliche Gesellschaft brachte sie – ebenfalls auf Biegen und Brechen – möglichst vor dem 25. Lebensjahr zum Traualtar. Wer älter war, musste damit rechnen „sitzen zu bleiben“ – nicht in der Schule, sondern im Leben. Eine „alte Jungfer“? Nein danke!

Heute ist es oftmals umgekehrt. Da heißt es bei den 25-jährigen Frauen nicht: „Ach Kind, wann wirst du endlich heiraten?“ Sondern. „Aber Kind, du willst doch nicht etwa schon heiraten?“ Manche Frauen schämen sich bereits wegen des Wunsches, bald zu heiraten und ein Kind zu haben. „Wir wollen doch nicht, dass du soviel versäumst, wenn du früh heiratest.“ Freche Freunde, so höre ich, sagen sogar: „Hey, hab erst einmal ein paar Beziehungen hinter dir! Wie kannst du sonst wissen, was du willst? Du bist nur einmal jung – und nun fang mal an, das Leben zu erforschen.“ (1)

Fragt sich natürlich, woher eine 25-jährige Frau wissen soll, dass sie ihr Glück leichtfertig verspielt, wenn sie noch eine 10-jährige Explorationsphase benötigt? Nichts ist schöner für ein Kind, als junge Eltern zu haben, und kaum etwas öder, als Eltern gegen 60 zu haben, wenn man die schwierigen Jahre der Adoleszenz durchlebt. Ich kann es nicht anders sagen: Es ist eine Art Frevel an den Kindern, wenn die Karriere vorgezogen wird und die Familienplanung erst mit über 35 ins Bewusstsein kommt.

Das Phänomen beschäftigt ja nicht nur Deutschland, sondern mittlerweile die gesamte westliche Zivilisation. Gerade haben US-amerikanische Wissenschaftler festgestellt, dass junge Mittelklasse-Frauen tatsächlich glauben, eine Beziehung könnte sie in ihrer Entwicklung „aus dem Gleis werfen“.

Erst später – sehr viel später, so scheint es, wenn die Kolben heiß gelaufen sind und die Maschine lahmt, wenn sich zeigt, das Geld kein Glück kaufen kann, sondern höchstens „Begleiter“ aka Mietrammler, dann kommt die Erkenntnis: Scheiße gebaut. Erst kürzlich las ich, dass die Zeit über 40 für viele Frauen das Karriereende bedeutet. Das gilt zwar für Männer auch, aber offenbar wird es Frauen schmerzlich bewusst, wie wenig sich das Rattenrennen gelohnt hat. Zwar ist es möglich, auch mit 40 noch einmal ganz neu anzufangen, aber das gilt eher für den Beruf. Beziehungen werden ab 40 schwierig, zumal, wenn die entsprechenden Karrierefrauen keinerlei Anstalten machten, über das Leben zu zweit irgendetwas zu lernen.

Niemand wünscht, dass die geschieht, und es gibt Mittel und Wege, das Ruder zeitig herumzuwerfen und den Kurs zu ändern. Heiraten und eine Familie gründen kann man in jedem Alter vor etwa 35, und die Selbstständigkeit ist in vielen Berufen eine Möglichkeit für eine Karriere nach dem 35.Lebensjahr.

In jedem Fall aber: Wer frühzeitig heiraten will, den sollte man nicht hindern, sondern fördern. Die gegenwärtige zwanghafte Karriere-Manie ist offenbar derzeit eine unheilbare Krankheit, doch sollte vielleicht zu denken geben, dass sie eher zum Zusammenbruch als zum Lebensglück führt, wenn „frau“ oder „man“ kein Talent dazu hat.

(1) Nach diesem Artikel in „The Atlantic

Original-Zitat und Hinweis: Laura Hamilton and Elizabeth Armstrong, sociologists at University of California, Merced and the University of Michigan studied relationship patterns among upper-middle-class female college students, and they discovered that these women believed relational commitments were supposed to take a backseat to self-development.

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