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Der Blondinenfall – was bedeutet es, „seriös“ zu suchen?

Sünde gegen bürgerliche Konventionen – leichtfüßige Liebe statt Traualtar?

Natürlich kann man eine Nachricht so lesen, wie sie in der WELT stand: „Singlebörse verzweifelt an Elitestudentin – gelöscht“. Aber wer sich den Hintergrund zusammenreimen kann, der wird bald erkennen, dass es gar nicht um eine einzige Blondine geht, die zu elitär war, um der Partneragentur ElitePartner gerecht zu werden. Die Dame suchte nur in einer Weise, die in einem gewissen Widerspruch zu den Grundsätzen des Unternehmens stand.

Diese „Blondine“ war nur ein Beispiel dafür, worum es im Hintergrund bei den meisten Partneragenturen geht, nämlich in erster Linie darum, sich als Hort bürgerlich-konservativer Wertvorstellungen aufzustellen. Denn obgleich man sich nach außen (beispielsweise in Foren) betont fortschrittlich gibt und auch vor schrillen Sex-Vorstellungen nicht haltmacht, ist man im Kern eine feste Bastion bürgerlicher Werte. Vor allem das Rollenverhalten bekommt im Blickwinkel der Partneragenturen einen deutlich konservativeren Anstrich als in der umgebenden Gesellschaft. Klarer: Man will hier angeblich wissen, wie insbesondere Frauen sich zu verhalten haben, wenn sie einen Partner suchen. Nach außen hin wird dies anders dargestellt: Hier wird behauptet, dass sich die Rollen inzwischen verändert hätten – gemeint ist aber damit die Aufgabenverteilung in der Ehe, nicht das Balz- und Bettverhalten beim Dating.

Dieser konservative Anstrich hat Tradition: von den Eheinstituten der Vergangenheit geht ein roter Faden durch das angebliche auf Familienwerte ausgerichtete Unternehmen eHarmony, und vorn dort spinnt sich der Faden weiter an die deutschen Unternehmen, die zwar nicht ganz so konservativ ausgerichtet sind, aber dennoch den „Wohlanstand“ im festen Blick haben.

Konservativ vom ersten Moment an der Psycho-Test diszipliniert

Wer nach den Gründen fragt, sollte sich in die Ausgangssituation begeben. Es gibt keinen vernünftigen Grund, vor der Partnersuche einen Fragebogen auszufüllen, der darauf abzielt, die Persönlichkeit des Suchenden zu erforschen. Daran glauben nur Menschen, die ihr Wissen über Psychologie aus Illustrierten beziehen. Kaum ein kritischer Intellektueller würde sich jemals auf einen solchen Test einlassen, wenn er nicht müsste – denn dieser Test ist keinesfalls psychologisch notwendig, sondern gehört zu den technischen Grundlagen der Online-Partnervermittler.

Man kann daher davon ausgehen, in Partneragenturen Menschen zu treffen, die entweder so wenig selbstbewusst sind, dass sie dem Test vertrauen, oder aber die sich sagen: „Augen aus und durch – ich mache hier sowieso mein Ding.“

Zudem zielen Partneragenturen ganz bewusst auf einen Kreis von Menschen, von dem sie sich vorstellen, er sei auf „seriöser Partnersuche“. Was in diesem Zusammenhang „seriös“ bedeutet, ist einfach: Man erwartet, dass die Kunden nichts anderes im Sinn haben, als einen passenden Partner für eine möglichst langjährige, stabile Beziehung zu finden. Diese Vorstellung mag zwar honorig sein, entspricht aber kaum den Gegebenheiten der heutigen Partnersuche.

Strikt an Regeln halten und Ansprüche haben- Gift für Partnersuchende

Interessanterweise führen die Suchmethoden der konservativen, beziehungs- und ehefixierten Suchenden zu dem größten Dilemma des Online-Datings: der Erfüllung von „Ansprüchen“. Denn wenn jemand mit Scheuklappen und dazu noch psychofixiert „den besten Partner“ sucht, hat er kaum eine Chance, ihn auch zu finden. Wesentlich besser dran sind die etwas leichtfertigeren Damen und Herren, die sich auf Experimente einlassen – mal auf einen ONS, mal auf eine Sechsmonatsbeziehung. Sie wissen in der Regel, dass Menschen nicht perfekt sind – und gehen die Suche deswegen locker und gelassene an. Das bedeutet nun keineswegs, dass sie nicht auch „ernsthaft suchen“ – aber sie suchen eben nicht so verbissen nah dem ultimativen „Match“.

Seriös ist nicht „verbissen“

Was ist denn eigentlich „seriöse Partnersuche? Das Wort „seriös“ heißt nicht mehr als „ernsthaft“. Doch darf, wer ernsthaft auf Partnersuche ist, nicht auch flirten, Spaß haben und dann und wann auch einmal eine sinnliche Kurzzeitbeziehung versuchen, sollte sich diese anbieten? Die Ernsthaftigkeit wird doch erst dann zum Thema, wenn man haltlos ineinander verliebt ist und sich wahrhaftig ein Leben zu zweit vorstellen kann – das ist nicht bei jedem Date der Fall, wie Partnersuchende schnell feststellen.

Die Online-Partervermittler sind in einer gewissen Zwickmühle: Der selbstbewusste Mensch will sich nicht vorschreiben lassen, wie er zu „Daten“ hat und wie „ernsthaft“ ihm jedes Date zu sein hat. Das ist allerdings eine der Grundlagen, die Online-Partnervermittlungen gerne festschreiben würden. Ich will es mal ganz krass ausdrücken, warum dies unsinnig ist: Man lernt einen Menschen nicht mit Blick auf den Tod („bis dass der Tod euch scheidet“), sondern mit Blick auf das Leben kennen. Und das Leben hat viele bunte Facetten.

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