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Die erlogene Liebe – warum Liebe nicht wirklich beschreibbar ist

Eine neue wissenschaftliche Unsitte wird immer populärer: die Behauptung, Treffen per Online-Dating und „romantsche“ Rendezvous seinen Gegensätze. Das ist – mit Verlaub – ebenso dumm wie dreist.

Was wir über die Liebe hören, sehen oder lesen, ist zu mindestens 98 Pozent erlogen, wenn wir es gewichtet und rational betrachten. Denn diese 98 oder mehr Prozent bestehen aus verklärten Erzählungen frisch Verliebter, aus Schlagern und vor allem aus Kitschfilmen, gefolgt von Kitschromanen.

Landmädchen und Psychologinnen glauben das Märchen von der Romantik

Mich erstaunt zutiefst, wie damit ein kybernetischer Kreis in Gang gesetzt wird, der simple Landmädchen wir kluge Psychologinnen gleichermaßen in die Irre führt: Wir wachsen mir Romantik-Kitsch auf, der möglicherweise tief in unsere Seele verankerte romantische Gefühle antickt, sie verstärkt und als Wunschwelt wieder in die Realität zurückspeist. Die Realität indessen kümmert es nicht – sie ist weder „intuitiv“ noch „romantisch“, wenn es um die heftige, sinnliche Liebe geht. Wirklich „intuitiv“ im Sinne eines „ahnden Erfassens“ reagieren wir erst, wenn es um den Lebenspartner und die dauerhafte Liebe zu ihm geht, denn nur dann ergibt sich der typisch menschliche Widerspruch zwischen Intuition und Vernunft. Die Intuition, die eine Frau heute spontan benötigt, um mit einem Mann Spontansex zu zelebrieren, ist lediglich eine Frage des Überlebens. Wen sie fürchtet, „ihren Skalp zu verlieren“, lehnt sie ab – wen die Sicherheit überwiegt, am nächsten Morgen froh und gesund (und möglichst ungeschwängert) aufzuwachen, stimmt sie zu.

Die wahre Liebe ist kaum beschreibbar

Sicher gibt es sie, die „wahre“ Romantik, und möglicherweise ähnelt sie sogar der Kitschromantik. Nur ist es so: Die wahre Romantik steht in unseren Hirnen in analogen Zeichen, die nicht digitalisierbar sind. Wer sich in menschlicher Kommunikation nicht auskennt, dem könnte man auch sagen: Wahre Gefühle verlieren etwa 80 bis 90 Prozent ihrer Glaubwürdigkeit, wenn sie beschreiben werden müssen. Selbst feinsinnige Dichter können daran nichts ändern: Die Verbalisierung von Gefühlen ist kritisch, was übrigens nicht nur für Kitschliteratur, sondern für jede Beschreibung „authentischer“ Gefühle geht. Man lese die „Fifty Shades of Grey“, um ein aktuelles Beispiel der Kitschliteratur zu nennen. Dort werden Gefühle abgehandelt wie im Schulaufsatz – und am Ende erkennt jeder, dass es sich nicht wirklich um Gefühle handelt, sondern um einen Aufguss von angelesenen Phasen.

Haben wird die Liebe rationalisiert? Beispielsweise durch Internet-Partnerbörsen? Eine Professorin behauptete in der Wiener Zeitung (Zitat)

Früher leistete das Umfeld die Vorselektion. Heute muss man es selbst leisten durch Selbstreflexion beim Ausfüllen von Fragebögen.

Früher, ja, früher … wann „früher“ Frau Professor? Und wie sollen wir denn „früher“ und „jetzt“ verstehen? Wie wie viele Paare treffen sich wirklich nach der angenommenen „Selbstreflexion beim Ausfüllen von Fragebögen“ ausschließlich aufgrund der „Matchpunkte“? Und selbst wenn es so wäre, wieso kann dann beim Treffen keine Romantik mehr entstehen?

Weil selbst gebildete Menschen plakativ denken, nämlich so:

Diese Beziehung beginnt so, also muss sie folgerichtig in einer bestimmten Weise fortgeschrieben werden … jene beginnt anders, also muss sie zwangsläufig andere Wege gehen.

Schreckliche Vereinfacher und Kästchendenken

Das vorger Gesagte ist die versimpelte Einschätzung vieler, die nichts vom Online-Dating wissen, sondern nur darüber gelesen haben. Wer sich auskennt, weiß: Diese Auffassung ist nicht sehr wirklichkeitsnah.

Lassen wir es doch bitte einmal dabei, dass sich die Welt der Liebe nicht katalogisieren lässt. Mir ist klar, dass Wissenschaftler nicht anders können, als Menschentypen und Liebesformen in Kästchen zu verpacken, weil sie Etiketten benötigen. Nur – dies wirft kaum ein Licht auf die Liebe.

So mag es denn kommen, dass sich intuitive Liebe sich in einer Kiste befindet, Romantische Liebe in der Nächsten, und Fragebogen-Liebe in der Dritten. Das wäre jammerschade, nicht wahr? Doch in Wahrheit fressen die Mäuse die Kästchen nächtens an, sodass die Protagonisten aus ihren Kästchen-Gefängnissen fliehen können. Die Liebe wirbelt dann durch die Luft und reißt alle im Strudel der Leidenschaften fort – auch die „Fragebogen-Liebenden“. Welch ein Glück für die Menschen.

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