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Sex ist am Markt – und wer kauft ihn?

nimm mich, heirate mich, sorge für mich – oder was denn nun?

Frauen sind Verkäuferinnen aber keine Konsumentinnen von Sex und Männer sind Käufer aber keine Produzenten“, so fasst der schweizerische Tagesanzeiger eine These des kalifornischen Psychologieprofessors Roy F. Baumeister zusammen. Allerdings hatte Baumeister dieser These Untersuchungen in 37 Ländern mit sehr unterschiedlichen ökonomischen Bedingungen zugrunde gelegt. Man hätte dies auch so zusammenfassen können: Je weniger eine Frau sonst zu produzieren imstande ist, umso mehr muss sie Sex anbieten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen – dabei war die Ehe als Versorgungsinstitution durchaus eingeschlossen. Das bedeutet aber auch: Je weniger andere Ressourcen Frauen Männern anbieten können, umso teurer muss der Sex werden – und das bedeutet mit anderen Worten in Gesellschaften mit strikter Sexualmoral: Nur, wenn du mich heiratest, kriegt du Sex.

Genau genommen basiert diese Theorie dahinter auf einem Bogen des Irrtums, der durch Rückschluss entsteht: Weil Frauen Sex als ökonomische Ressource anbieten, haben sie keine Freude am Sex, sondern handeln nur damit. Dabei bleibt völlig unberücksichtigt, ob diese Frauen Freude am Sex haben könnten, wenn sie nicht durch die Erziehung (möglicherweise sogar durch Beschneidung) daran gehindert würden.

Thesen aus dem 19. Jahrhundert: Frauen wollen eigentlich keinen Sex

Dieser Irrtum wird vor allem durch den unsäglichen Wiener Psychiater Krafft-Ebing genährt, der im vorvorigen Jahrhundert die These vertrat, Frauen hätten aus sich selbst heraus kein Bedürfnis nach Sexualität. Diese These nistete sich im Bürgertum ein wurde bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland noch mit Vehemenz vertreten: Frauen hatten keine eigenen sexuellen Bedürfnisse zu haben, sondern ihre Attraktivität dazu zu nutzen, möglichst bald zu heiraten. Gern gesehen wurde vom Bürgertum noch gegen 1960, dass die Mädchen bis zur Ehe Jungfrau blieben.

Frauen wurden zu asexuellen Wesen erzogen – bis in die 1950er Jahre

Frauen haben ein der Folge vielfach bewiesen, wie dümmlich all diese Theorien waren: Sie entstanden durch die gezielte Anwendung von Verdrängungsmechanismen in der Erziehung, durch Horrorvisionen („du wirst als Hure enden“) oder durch die Drohung mit dem Klapperstorch. Dem Jungen ließ man augenzwinkernd seinen Drang ausleben – zumeist bei Huren oder nicht-bürgerlichen Frauen, die Mädchen aber wurden verängstigt, diszipliniert und bevormundet, und zwar gleichermaßen von Staat, Gesellschaft, Kirche, Lehrerschaft und Familie.

Gleichheit bei der Sexualität ist vielen ein Dorn im Auge

Der Kampf der Frauen um Gleichheit führte auch zu einer Gleichheit im Ausleben der sexuellen Bedürfnisse, die immer vorhanden waren, wir bereits literarische Zeugnisse um 1900 zeigen. Die Gleichheit in der Begierde allerdings gefällt weder den Extremfeministinnen noch den Ultrakonservativen in Staat und Gesellschaft. Immer wieder werden deshalb von Gutmenschen neue Bataillone gebildet, die genau dies verhindern sollen – die unsägliche US-amerikanischen Jungfrauenkampagne mag als populärstes Beispiel dafür gelten.

Die Auswüchse nicht überschätzen

Keine Frage – die neue Gleichheit ergibt neue Probleme, und neue Probleme verlangen nach neuen Lösungen. Die Freiheit der Geschlechter, sich in Geist, Seele und Körper frei zu entscheiden, ist noch keinesfalls in allen Gehirnen angekommen. Tatsächlich gibt es auch Auswüchse – aber das ist ganz normal, denn bei jedem Wandlungsprozess entstehen Wogen, die manche Schiffe in Seenot bringen. Erfahrungsgemäß glätten sich diese Wogen aber bald, und eine gewisse Normalität tritt ein. Es ist deshalb unsinnig, sich über angeblich „haltlosen Sex“ der Jugend, Seitensprungagenturen oder Casual-Dating-Anbieter aufzuregen. Sie haben jetzt ihre Zeit und sie machen jetzt ihre Geschäfte, doch auch ihre Zeit wird wieder vergehen.

Erotisches Kapital darf eingebracht werden

Ganz falsch ist allerdings, den Einsatz von Mitteln der Sexualität zu verdammen. Insofern ist die Kritik am Buch „Erotisches Kapital“, die vor allem in feministischen Kreisen beleibt ist, absoluter Unsinn. Die Lehre vom Einsatz des erotischen Kapitals ist nichts mehr als eine Art „Fortbildung“ im Flirtverhalten. Dabei wird ja nichts anderes getan, als die Mittel des Flirts bewusster zu machen, ihre Stärken zu erkennen, sie zu schärfen und sie zielgerichtet einzusetzen. Im Grund genommen ist es ja ein Standard, durch Flirtmittel den besten Mann anzulocken – und wenn sich daraus Zusatznutzen gewinne lassen – warum denn eigentlich nicht? Lassen wir doch die Frauen bitte selber entscheiden, wie weit sie dabei gehen wollen – sie verantworten Körper und Emotionen doch selbst, oder etwa nicht?

Das Fazit: Eigenverantwortung bei der Sexualität ist der Schlüssel

Womit ich am Schluss zum Anfang zurückkomme. So wie einst ein Gerichtspsychiater behauptete, Frauen hätten keine eigenständigen sexuellen Bedürfnisse, so behaupten heute Feministinnen, man müsse das Flirtverhalten moralisch-feministisch regulieren. Beide haben ihre Rechnungen ohne die Menschen gemacht. Freie Entscheidungen sind Entscheidungen, die aus der Freiheit herabzukommen, tun zu dürfen, was man will und dafür auch die Verantwortung zu tragen.

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